Im März 1933 sandte die Warschauer Wochenzeitschrift „Literarische Nachrichten“ einen Korrespondenten nach Berlin – Antoni Graf Sobanski. Er sollte die dortige politische Lage ausloten, die in Polen Ängste hervorrief. Der kosmopolitische Autor, der unter sechs Sprachen auch Deutsch beherrschte, verfügte über gute Kontakte im Land des westlichen Nachbarn Polens. Zwischen 1933 und 1936 veröffentlichte er zahlreiche Artikel mit Eindrücken und Beobachtungen aus dem nationalsozialistischen Deutschland.
Alle 13 Reportagen Sobanskis sind nun erstmals auf Deutsch im Parthas Verlag erschienen. Aufmerksam, teils ironisch, teils Anteil nehmend, berichtet Sobanski, schwankend zunächst zwischen Wohlwollen und Skepsis, die sich im Lauf der Jahre immer stärker in Bestürzung wandelt. Bücherverbrennung, zunehmende Militarisierung und Ausschaltung der Opposition thematisiert er ebenso wie den Alltag der Juden oder den Reichsparteitag in Nürnberg. Einen guten Einblick in das Lebensgefühl der Zeit erhält man, auch wenn manche Schilderungen allzu harmlos wirken. Doch wie die weitere Entwicklung aussehen würde, konnte der Autor noch nicht wissen, als er seine Texte schrieb.
Rezension: Talkenberger, Heike