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Nero. – Inszenierung der Macht.

Sonnabend, Holger

Nero. – Inszenierung der Macht.

Selbst wer nichts über das Imperium Romanum weiß, hat doch schon einmal von Nero gehört. Der Muttermörder, der öffentlich auftretende Sänger und Wagenlenker, der Christenverfolger dürfte immer noch der bekannteste römische Kaiser sein. Ihn treffend zu porträtieren ist ein schwieriges Unterfangen. Schauer und Voyeurismus kann leicht bedienen, wer nur die antiken Quellen ausschreibt. Doch die althistorische Wissenschaft verfährt anders. Sie sucht das Verhalten der Kaiser im widersprüchlichen System des Prinzipats verständlich zu machen, sie spricht von Herrscherrepräsentation und von Akzeptanz bei den relevanten Gruppen wie der Armee, dem stadtrömischen Volk und dem senatorischen Adel.

Diese Deutungen markieren einen klaren Fortschritt gegenüber Ansichten wie der Theodor Mommsens, Nero habe schlicht kein Interesse an der Politik gehabt, oder er sei, wie andere glaubten, in einem psychopathologischen Sinn erkrankt gewesen. Leistungen und Grenzen der neueren Versuche, das Handeln des Kaisers als sinnhaft im Rahmen des Systems zu erklären, lassen sich sehr schön an der Biographie aus der Feder Holger Sonnabends verfolgen.

Der erfahrene Buchautor schreibt klare, überschaubare Sätze, er kennt die Forschung, er wägt quellenkritisch ab: Nein, Nero hat Rom nicht angezündet und seinen langjährigen Prätorianerpräfekten Burrus nicht ermorden lassen, wohl aber seine Mutter Agrippina, denn diese „störte ihn dabei, sein Kaisertum zu zelebrieren“.

Sonnabends Kernthese lautet: Nero war nicht verrückt, und er hörte auch nie auf, Kaiser sein zu wollen, um stattdessen ganz Künstler zu werden. Vielmehr habe er die von Augustus so erfolgreich vorgelebte Einsicht, der Kaiser müsse stets repräsentieren und sich selbst inszenieren, konsequent fortgesetzt. Nero sei als Künstler aufgetreten, wobei alle wussten, dass da der Kaiser auf der Bühne stand (und deshalb in Wettbewerben immer siegreich war), ein Kaiser, der sich „der Kunst bediente, um herrschaftspolitisch verwertbare Wirkung zu erzielen, um sein politisches Programm, das auf den einzigen Punkt ‚Nero‘ reduzierbar war, zu präsentieren“.

Aus den Interpretationen der einzelnen Handlungen Neros heraus, zumal seiner langen Griechenland-Reise, ist das durchaus plausibel. Allerdings fragt der Autor nicht konsequent genug, ob denn ausgerechnet ein Auftreten als Künstler, also auf dem Feld von ansonsten sozial verachteter Existenzen – anstelle der üblichen Rollen als Feldherr, Patron und Erster im Senat – irgendwie geeignet war, Neros Position zu stabilisieren. Denn schon bald brauchte der Kitharaspieler im Purpur bei seinen Auftritten Claqueure. Falls Nero das doch so komplexe Kaisertum tatsächlich bewusst in der von Sonnabend ausgeleuchteten Weise interpretierte, dann erwies sich diese Interpretation jedenfalls als fatal fehlerhaft.

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Rezension: Prof. Dr. Uwe Walter

Sonnabend, Holger
Nero. – Inszenierung der Macht.
Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt 2016, 247 Seiten, Buchpreis € 29,95
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