Auch der jüdische Schriftsteller Lion Feuchtwanger, der Autor erfolgreicher historischer Romane, war vom Exodus jüdischer Intellektueller nach 1933 betroffen. Seine Tagebücher aus der Zeit zwischen 1906 und 1940 sind jetzt veröffentlicht worden. Feuchtwanger schreibt über seine literarische Karriere, aber auch über die Exiljahre in Frankreich. Er äußert sich ungeschützt und offen, da er wohl nicht an eine Veröffentlichung seiner Aufzeichnungen gedacht hatte.
1936/37 unternahm der Autor eine umstrittene Reise ins stalinistische Russland. Man kann seine Eindrücke miterleben, so etwa, wie geschmeichelt er von dem begeisterten Empfang war, der ihm in Moskau bereitet wurde. „Zahllose Reden auf mich. Blumen. Hochgehoben. Todmüde nach Hause“. Mit Stalin sprach er drei Stunden. Mangelnde Kritik am Diktator wurde dem Schriftsteller später vorgeworfen. Doch der Autor verzeichnet auch viel Persönliches wie seine tägliche Schlafbilanz, seine Krankheiten, Frauenbeziehungen und finanziellen Verhältnisse. Das letzte Tagebuch endet im Mai 1940; Feuchtwanger schreibt: „Sorge über meine Situation“. Kurz danach wurde er erneut im französischen Lager „Les Milles“ interniert. Glücklichere Jahre folgten in den USA.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger
Lion Feuchtwanger
Ein möglichst intensives Leben
Die Tagebücher
Aufbau Verlag, Berlin 2018, 639 Seiten, € 26,–