Kunst und Wissenschaft liegen näher beieinander als wir glauben. Jonah Lehrer, Literaturwissenschaftler, Theologe und Hirnforscher, überzeugt seine Leser davon in jedem Kapitel. Die Verknüpfungen und Überschneidungen zwischen Kunst und Wissenschaft sind beeindruckend: Viele Künstler Maler, Schriftsteller, Komponisten und auch Meisterköche haben wichtige Erkenntnisse der Neurowissenschaft vorweggenommen. Trotz Spott und Unverständnis ihrer Zeitgenossen entdeckten sie, wie Teile des menschlichen Hirns arbeiten, lange bevor die Wissenschaft zu denselben Ergebnissen gelangte. So begriff beispielsweise Walt Whitman dass der menschliche Körper nicht einfach eine träge Masse ist, die völlig entkoppelt vom Geist funktioniert. Seine Gedichte zeigen Körper und Seele als Einheit eine für das 19. Jahrhundert revolutionäre und äußerst unverschämte Vorstellung.
Die Werke der Künstler, zu denen auch Virginia Woolf und Marcel Proust gehören, nutzt Lehrer, um die Funktionsweise des Gehirns zu erklären. Leicht verständlich beschreibt er, wie wir sehen, wie wir uns erinnern, wo unsere Gefühle sitzen und weckt dabei die Lust auf mehr: Man möchte eine Symphonie von Strawinski hören, um den Ursprung von Musik zu begreifen, die Rezepte Escoffiers nachkochen, um der Essenz des Geschmacks auf die Spur zu kommen, und Gemälde von Cézanne betrachten, um den Vorgang des Sehens mit eigenen Augen zu erfahren.
Regula Brassel