Wie wurde die NS-Zeit von Ausländern wahrgenommen, die sich in Deutschland als Besucher aufhielten? Welche Eindrücke und Erlebnisse hielten sie fest? Oliver Lubrich, Literaturwissenschaftler an der Freien Universität Berlin, hat in seinem spannenden Buch „Reisen ins Reich“ 41 literarische Texte ausländischer Autoren und Autorinnen über das nationalsozialistische Deutschland zusammengetragen und jedem Text eine kurze Einführung zu Autor und Werk vorangestellt. Die Beiträge entstanden zwischen 1933 und 1945, also ohne nachträgliches historisches Wissen. Die Verfasser kamen aus England und den USA, aus Frankreich, Belgien und der Schweiz, aus Skandinavien, Ungarn und China. Und sie besuchten Deutschland aus den unterschiedlichsten Gründen: als Studenten, als Gastdozenten oder Zeitungskorrespondenten, als Landstreicher oder Angestellte.
Die Spannweite der Haltungen zu Hitler-Deutschland reicht von Affirmation über Distanz bis zu entschiedener Ablehnung. Einige durchliefen alle diese Stadien während ihres Aufenthalts in Deutschland, so die amerikanische Schriftstellerin und Journalistin Martha Dodd, die 1933 als Tochter des amerikanischen Botschafters nach Berlin kam. Ihre Begei-sterung für die Nationalsozialisten verflog bald; in ihrem Buch „My Years in Germany“, aus dem Auszüge bei Lubrich zu lesen sind, reflektiert sie ihre Abkehr vom Regime.
Rezension: Marohn, Mariel