Unser Wissen über die menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen Juden im Warschauer Ghetto eingesperrt waren, hat durch Zeitzeugenberichte erheblich zugenommen. Doch keine dieser Quellen kann ein derart facettenreiches Bild erbringen wie das Archiv des Emanuel Ringelblum. Der im Warschauer Ghetto lebende, aus Galizien stammende jüdische Historiker hatte seit 1940 Hunderte von Dokumenten der Ghettobewohner gesammelt, darunter Briefe und Postkarten, Dokumente des „Judenrats“, Gedichte, Fotografien, aber auch Zettel mit verzweifelten Hilferufen, Untergrundpresse, Flugblätter, Berichte aus anderen KZs …
Das Archiv wurde 1942 von Vertrauten des inzwischen deportierten Ringelblum in Metallkisten und Milchkannen verborgen und vergraben. 1946 konnten zwei Drittel der Unterlagen geborgen werden. Sie werden im Deutschen Historischen Institut in Warschau verwahrt.
Das wichtige Buch des in den USA lehrenden Historikers Samuel D. Kassow macht uns mit diesen erschütternden Quellen bekannt und stellt sie in den historischen Kontext. Deutlich werden der Alltag im Ghetto voll Angst und Hunger, aber auch der aus der Not geborene Pragmatismus der Betroffenen und die Tatkraft jüdischer Selbsthilfe.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger