Johannes Sachslehner präsentiert in seinem Buch 26 Orte, an denen das Schicksal Österreichs bestimmt wurde, beginnend mit der Gefangennahme des englischen Königs Richard Löwenherz auf der Burg Dürnstein 1193 bis zur Brücke von Andau, über die etwa 70.000 Flüchtlinge 1956 von Ungarn aus ins österreichische Burgenland, und somit in die Freiheit, gelangten. Erwähnt werden neben Schlachtschauplätzen (Kahlenberg 1683, Aspern 1809) auch Orte des Regierens der Habsburgermonarchie (Kaiservilla in Bad Ischl 1914, Schönbrunn 1918) sowie Orte der NS-Vergangenheit (Wiener Aspangbahnhof 1939-1942, Mauthausen 1938-1945, Kreuzstadl Rechnitz 1945). Jeder Ort wird anschaulich bebildert vorgestellt und in die Ereignisgeschichte eingebettet. Auf diese Weise entsteht eine spannende, aber auch informative Reise durch die Geschichte Österreichs. Methodisch greift Sachslehner auf die Theorie zum kollektiven Gedächtnis von Maurice Halbwachs zurück, der in seinem 1950 publizierten Werk „La mémoire collective“ erstmals die Bedeutung von kollektiven Erinnerungen und gemeinsam interpretierten Erfahrungen für das kollektive Gedächtnis einer Gesellschaft betonte. Bei den dargestellten Orten bzw. Ereignissen wird allerdings nicht deutlich, ob sie für das kollektive Gedächtnis der heutigen österreichischen Gesellschaft noch eine Bedeutung haben, da ihre Rezeptionsgeschichte nicht beschrieben wird. Der Stellenwert der „Schicksalsorte“ in einem Kollektivgedächtnis oder ihr aktueller Bezug wird ausschließlich über das verwendete Bildmaterial hergestellt. Zum Beispiel wird eine neue 10-Euro-Silbermünze mit dem Porträt von Richard Löwenherz abgebildet. Die Bilder werden aber ihrerseits nicht kommentiert oder historisch gedeutet.
Rezension: Natalie Reinsch