Auch wenn der Traum vom Weltmeister geplatzt ist das Thema Fußball und Physik bleibt spannend. Bei beidem benutzt man den Kopf: einmal zum Köpfen, einmal zum Rechnen. Sonst scheinen die zwei Disziplinen wenig gemeinsam zu haben. Fußball ist Spannung, Athletik und Gefühl. Physik ist nüchterne Naturwissenschaft, ein Gemisch aus Zahlen und Formeln. Metin Tolan, Professor für Experimentelle Physik an der TU Dortmund, versucht in seinem Buch, das alles zusammenzubringen. Und siehe da: Die Mischung harmoniert. Haben Sie zum Beispiel schon mal über den tieferen Grund dafür nachgedacht, warum eine Mannschaft aus elf Spielern besteht? Tolan rechnet es durch. Bei einer elfköpfigen Mannschaft verhalten sich die Laufwege und die Zeiten für die Ballannahme exakt so, dass das Spiel schnell, aber gerade noch kontrollierbar ist. Ein Spieler weniger würde zähen Spielfluss bedeuten, einer mehr ein Glücksspiel. Und das ist nur eines der zahlreichen Ordnungsprinzipien, die Tolan mit erstaunlich leicht zugänglichen Berechnungen ans Licht holt.
Zum Finale zeigt er, wer rein rechnerisch hätte Weltmeister werden müssen: Deutschland natürlich. Das Buch ist flüssig geschrieben aber Vorsicht: Es geht darin richtig zur Sache. Tolan präsentiert nicht nur Resultate, sondern auch die Argumente dazu, inklusive Zahlen und Formeln. Wer Fußball bisher zu unwissenschaftlich fand, sollte dieses Buch lesen. Wer in der Physik die Tore vermisst, erst recht.
Tobias Hürter