Mit der Verheißung „Wenn Ihr wollt, ist es kein Märchen“ schien die zionistische Vision, eines jüdischen Nationalstaates in Palästina, endlich Gestalt anzunehmen. Dieses Versprechen, das der Jude Theodor Herzl in seinem 1902 erschienen Roman „Altneuland“ formuliert hatte, kann als Spiegel seiner Persönlichkeit gelesen werden. In ihm sind das Pathos und die Naivität Herzls angelegt, mit denen er bisweilen auch in Unkenntnis politischer Realitäten argumentierte. Möglicherweise verliehen gerade diese Charakterzüge Herzl die erforderliche Kampfeslust, um sein Vorhaben durchzusetzen.
Anläßlich seines 100. Todestages im Jahre 2004 erschien im Melzer Verlag erneut eine Text-Bild-Monographie von Julius H. Schoeps, die zuerst beim Christian Brandstätter Verlag in Wien aufgelegt wurde. In diesem Band liegt das Augenmerk allerdings weniger auf Herzls komplexer Persönlichkeit. Vielmehr wird er darin vor dem Hintergrund der kulturellen und politischen Strömungen als „Kind seiner Zeit“ gezeichnet.
Als Schriftsteller und Feuilletonist war er Teil des intellektuellen Zirkels im Wien des fin de siècle, der Leser erfährt aber auch von Herzls zunehmend politischer Sensibilisierung im Kontext eines sich verstärkenden Antisemitismus. Ausschlaggebend für sein Bestreben, einen „Judenstaat“ zu gründen, war die Dreyfus-Affäre im Jahre 1896 in Paris. Die in diesem Prozeß offen zur Schau gestellte Judenfeindlichkeit, die ganz Europa erschütterte, forcierte Herzl, der sich bis dahin als Jude assimiliert hatte, zu einem entschiedenen Umdenken. Noch im selben Jahr formulierte er in der gleichnamigen Propagandaschrift „Der Judenstaat“ das Gründungsfest des politischen Zionismus. Herzl besticht vor allem in der Unbeirrbarkeit, mit der er sein Vorhaben entgegen aller Widerstände, auch aus den eigenen Reihen, durchsetzte. Die reiche Bebilderung des Buches läßt die Stationen von Herzls Leben Ende des 19. Jahrhunderts lebendig werden.
Rezension: Manuela Ziegler