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Vermittler afrikanischer Kultur

Hans Belting/Andrea Buddensieg

Vermittler afrikanischer Kultur

dam0119bue11.jpgLéopold Sédar Senghor war als Vertreter des offiziell zu Frankreich zählenden Wahlkreises Senegal-Mauretanien Mitglied des französischen Parlaments der Vierten Republik und gefeierter Dichter, der mit den Größen der französischen Kunst- und Kulturszene seiner Zeit verkehrte. Er war der Staatspräsident Senegals nach dessen Unabhängigkeit 1960 bis 1980, Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels und das erste afrikanische Mitglied der Académie française. Mit dem französischen Staatspräsidenten Georges Pompidou war er seit gemeinsamen Schulzeiten befreundet, andererseits gehörte er zusammen mit Aimé Césaire zu den maßgeblichen Stimmen der „Négritude“, der Bewegung zur kulturellen Selbstbehauptung Afrikas.

Man warf ihm vor, durch seine enge intellektuelle und persönliche Bindung an Frankreich ein Agent des Neokolonialismus zu sein, doch Léopold Sédar Senghor passt in keine der gängigen Schubladen, lässt sich schwer einordnen. Was ihm bei Zeitgenossen Kritik einbrachte, seine Vielschichtigkeit, macht ihn zu einer besonders spannenden Figur in der gemeinsamen französisch-afrikanischen und damit auch europäisch-afrikanischen Geschichte. Seine Person erlaubt einen Einblick in die Phase der Dekolonisation und Unabhängigkeit Afrikas in Zeiten der Hoffnung und des Aufbruchs. Allein wegen dieses Zusammenhangs lohnt sich die Lektüre des Buchs von Hans Belting und Andrea Buddensieg.

Den Autoren geht es aber noch um anderes. Als Kunsthistoriker bzw. Kunsthistorikerin spüren sie Senghor als Künstler und Kulturpolitiker nach und heben vor allem seine Bemühungen hervor, der afrikanischen Kunst ihren Stellenwert in der Moderne zu sichern und die Bedingungen für einen afrikanisch-europäischen Austausch zu schaffen. Ausführlich beschreiben sie seine Versuche, nach der Unabhängigkeit Senegal als kulturelles Zentrum einer Weltkunst, die die kolonialen Grenzen überwindet, zu etablieren. Es sollte das Vehikel sein, mit dem Senghor die neuen Staaten Afrikas in die Weltgeschichte als selbstbewusste
Akteure einschreiben wollte.

Das liest sich spannend und belegt, welch ein Gewinn eine Kunst- und Kulturgeschichte unter Einbeziehung Afrikas sein kann und welcher Verlust durch die gängige eurozentrische Sichtweise entsteht. Aber Senghor war eben nicht nur Künstler, er war auch Politiker in Afrika, in einer ganz bestimmten politischen Konstellation. Und das kommt bei Belting und Buddensieg ebenso zu kurz wie der Blick aus der afrikanischen (Ideen-)Geschichte heraus auf Senghor. Im Licht steht Senghor als „Afrikaner in Paris“, als Politiker Senegals verbleibt er leider im Schatten.

Rezension: Prof. Dr. Jürgen Zimmerer

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Hans Belting/Andrea Buddensieg
Ein Afrikaner in Paris
Léopold Sédar Senghor und die Zukunft der Moderne
Verlag C. H. Beck, München 2018, 287 Seiten, € 28,–

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