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Vielschichtiger Richelieu

Klaus Malettke

Vielschichtiger Richelieu

Man muss nicht „Die drei Musketiere“ von Alexandre Dumas gelesen haben, um in Kardinal Richelieu den Finsterling zu sehen. Auch in den meisten historischen Werken überwiegen die unfreundlichen Züge. Die Hauptanklage gegen den Menschen Richelieu lautet: grenzenloser Ehrgeiz, die Hauptanklage gegen den Politiker: skrupellose Durchsetzung der Staatsräson.

Klaus Malettke lässt von diesen Klischees nicht viel übrig. Nicht dass der emeritierte Marburger Frühneuzeit-Historiker Richelieu neu erfände; Malettke hat nur einen starken Widerwillen gegen Archetypisierung. Bei ihm hat der Außen-, Religions- und Staatspolitiker Richelieu bei aller Akzentuierung doch auch immer eine zweite Seite.

Den Hugenotten tritt der Kardinal energisch entgegen, wenn sie gegen die Autorität des Königs rebellieren, er verfolgt sie aber nicht mit Hass. Er unterstützt in Deutschland die protestantischen Fürsten (und zieht sich damit die Feindschaft der katholischen Ultras in Frankreich zu) und sorgt doch dafür, dass der katholischen Sache im Reich nicht der Boden entzogen wird. Er gibt im Zweifel den Interessen des säkularen Staates den Vorrang, ohne doch das enge Gewebe zu zerreißen, das Monarchie und (katholische) Religion verbindet. Zum Vorschein kommt eine vielschichtige Persönlichkeit, die zwischen Modernität und Traditionsverbundenheit oszillierte und deren Prägung der Realismus war.

Die Amtszeit Richelieus ist mit zwei großen Herausforderungen verbunden, der Stabilisierung des vom Bürgerkrieg geschwächten Frankreich und der Zurückweisung Habsburgs, dessen spanischem Zweig der Kardinal, zu Recht oder zu Unrecht, eine universalmonarchistische Ambition unterstellt. Als er 1642 starb, war dem leitenden Minister Ludwigs XIII. gelungen, was nur wenige Staatsmänner von sich behaupten können: Er hinterließ sein Werkstück (Frankreich) in einem besseren Zustand, als er es übernommen hatte.

Die translatio imperii, die Weitergabe der Herrschaft – Ludwig XIII. starb 1643 –, funktionierte reibungslos. Mazarin und später dann Ludwig XIV. konnten, gestützt auf die Vorarbeit Richelieus, die französische Vormachtpolitik weiterentwickeln.

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Klaus Malettke arbeitet nicht mit dem Holzhammer. Seine Methode ist die geduldige Herleitung aus der Zeit. Geduld wird auch vom Leser verlangt, der immerhin ein Werk von über 1000 Seiten (dem hier und da ein paar leserfreundliche Elemente, Zeittafeln etwa, gutgetan hätten) bewältigen muss. Dafür gewinnt er ein schlüssiges Bild einer kapitalen Politikerpersönlichkeit und lernt sehr viel über die Epoche des Dreißigjährigen Krieges.

Rezension: Dr. Günter Müchler

Klaus Malettke
Richelieu
Ein Leben im Dienste des Königs und Frankreichs
Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2018, 1076 Seiten, € 128,–

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