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Volkes Stimmen. – „Ehrlich, aber deutlich“ – Privatbriefe an die DDR-Regierung.

Suckut, Siegfried (Hrsg.)

Volkes Stimmen. – „Ehrlich, aber deutlich“ – Privatbriefe an die DDR-Regierung.

Die Geschichte der DDR ist wohldokumentiert. Trotz des erreichten Forschungsstandes wissen wir indes nur wenig über die Stimmung der Bevölkerung. Dies gilt besonders für die Zeit nach dem Mauerbau, als eine Abstimmung mit den Füßen nicht mehr möglich war und die DDR-Bürger zum Mittun in der Diktatur gezwungen waren.

Die Dokumentation „Volkes Stimmen“ erlaubt neue Einsichten in die Denkwelten der Ostdeutschen in der Ära Honecker. Herausgeber ist Siegfried Suckut. Der langjährige Leiter der Forschungsabteilung der Stasi-Unterlagenbehörde hat Privatbriefe an die DDR-Regierung ediert. 248 Briefe hat der Historiker ausgewählt, die die Stasi bei Postkontrollen aus dem Verkehr gezogen oder direkt aus den Büros der Regierungsspitzen erhalten hatte. Teil der Edition sind zudem Schreiben an westdeutsche Politiker und Medien.

Der Leser wird auf pamphletartige Invektiven auf Stammtischniveau stoßen, aber auch auf mehrseitige programmatische Ausarbeitungen für ausgesuchte Führungsmitglieder. Viele Briefe bringen Frustration über Systemmängel zum Ausdruck. Es wird scharf kritisiert – ebenso oft konstruktiv wie verächtlich. Die Bandbreite der Autoren reicht von loyalen SED-Mitgliedern bis hin zu hasserfüllten Regimegegnern. Besonders frappierend sind die vielen Bezüge, die in den Briefen noch in den 1970er und 1980er Jahren zwischen der SED- und der NS-Herrschaft hergestellt werden. Immer wieder enden Schreiben mit „Heil Hitler!“, der größtmöglichen Provokation. Gleichzeitig dokumentiert Suckut alarmierte Wortmeldungen von Bürgern, die in den 1980er Jahren auf rechtsradikale Vorkommnisse hinweisen.

Der Herausgeber macht in seiner instruktiven Einleitung deutlich, dass die überlieferten Briefe keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben können, dafür aber von seltener Authentizität seien. Er beschreibt sie als „gescheiterte Kommunikationsversuche“. Sie wurden aus der Mitte einer Bevölkerung unternommen, der bewusst war, dass Kritik von der Obrigkeit nicht nur unerwünscht war, sondern verfolgt wurde. Deshalb waren nicht nur die Schmähbriefe anonym versandt worden. Auch SED-Genossen, die ihre konstruktive Kritik nach Ost-Berlin übermitteln wollten, wollten in aller Regel unerkannt bleiben.

„Volkes Stimmen“ ist nicht nur für die künftige Forschung eine Fundgrube. Es ist zugleich ein Lesebuch, das denjenigen wärmstens empfohlen wird, die sich für Herrschaft und Alltag in der SED-Diktatur interessieren.

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Rezension: Dr. Ulrich Mählert

Suckut, Siegfried (Hrsg.)
Volkes Stimmen. – „Ehrlich, aber deutlich“ – Privatbriefe an die DDR-Regierung.
Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2016, 576 Seiten, Buchpreis € 26,90
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