Ausgehend von der Annahme, daß wichtige Gerichtsprozesse den Gang der Geschichte maßgeblich beeinflußt haben, untersuchen Thomas Flemming und Bernd Ulrich 16 exemplarische Prozesse in West- und Ostdeutschland zwischen 1956 und 1994 und erläutern ihre gesellschaftspolitische Tragweite. So unterschiedliche Fälle wie die „Waldheimer Prozesse“ (um die Verfolgung und Bestrafung von NS-Tätern in der DDR), die „Spiegel-Affäre“ oder der „Baader-Meinhof-Prozeß“ werden in den sehr knappen Beiträgen geschildert. Die Autoren werden jedoch dem selbstgestellten Anspruch, mit den ausgewählten Verfahren eine „Nachkriegsgeschichte in Prozessen“ nachzuzeichnen, nicht gerecht. „Vor Gericht“ ist keine geschlossene politische Geschichte der deutschen Justiz, sondern eher eine Sammlung von essayistischen Beiträgen. Diese sind aber spannend zu lesen und vermitteln einen packenden Einblick in das komplexe Zusammenspiel von Justiz, Politik und Geschichte.
Rezension: Gerber, Beat