Auch fast vier Jahrhunderte nach der Ermordung Albrecht von Wallensteins 1634 im böhmischen Eger geht eine ungebrochene Faszinationskraft von der schillernden Figur des kaiserlichen Generalissimus aus, dem bis zur Gegenwart bekanntesten Feldherrn des Dreißigjährigen Krieges.
Ganze Generationen von Geschichtsforschern und Schriftstellern suchten nach der „Lösung der Wallensteinfrage“ – so bereits 1881 der deutsch-böhmische Historiker Edmund Schebek – und damit vor allem nach einer Antwort, ob der mächtige Militär tatsächlich zum Verräter am Kaiser in Wien geworden und daher zu Recht auf Befehl Ferdinands II. getötet worden sei.
Noch 1971 legte Golo Mann eine umfängliche Biographie Wallensteins vor, die in ihrem ausgewogenen Urteil ebenso zu überzeugen wusste wie in der kunstvollen Darstellung des Stoffes. Wozu also eine weitere Lebensdarstellung des gewiss außergewöhnlichen, aber wahrlich nicht unbekannten Militärs, dessen Eintrag allein in populären Enzyklopädien wie „wikipedia“ länger ist als derjenige der meisten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation? Sollten wider Erwarten doch noch neue Quellen aufgetaucht sein, die auf die eine oder andere Entscheidung des Friedländers ein neues Licht werfen?
Man wird zunächst sagen müssen, was der schmale Essay des an der Universität Innsbruck lehrenden Historikers Robert Rebitsch, der zahlreiche Bücher und Aufsätze zur politischen und Militärgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts publiziert hat, nicht sein will: Er will keine chronologisch aufgebaute, ins Detail gehende Biographie sein, keine erschöpfende Charakterskizze und auch keine neue Forschungsarbeit. Weder werden neue Quellen ausgewertet und Zitate belegt noch Forschungspositionen im engeren Sinn diskutiert. Der Leser findet keine Anmerkungen vor; lediglich knappe Literaturhinweise.
Im Mittelpunkt des Essays, der insgesamt gut lesbar ist und keiner Vorkenntnisse bedarf, stehen „Profile des Machtmenschen Wallenstein“. Der böhmische Adlige wird in einem systematischen Zugriff als Aufsteiger, Feldherr, Landesherr, Kriegsunternehmer, Kapitaljongleur, Förderer und Politiker gezeigt – nur am Ende steht hinter dem Kapitel „Der Verräter“ ein Fragezeichen.
Im Grunde werden die seit langem bekannten Daten und Entwicklungen nur schubladenähnlich neu geordnet, und dies nicht einmal besonders originell. So gilt das Kapitel „Der Förderer“ nicht dem Mäzen und Stifter, wie man vermuten könnte, sondern dem Personalpolitiker; dargestellt werden aber nur die Lebensläufe von fünf Truppenführern, die Wallenstein ihre militärische Karriere verdanken. Für Fachleute bietet das Büchlein nichts Neues, historisch Interessierte sollten unverändert zu Golo Mann greifen.
Rezension: Prof. Dr. Joachim Bahlcke