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Was die Welt zusammenhält

Dirk van Laak

Was die Welt zusammenhält

Kunden ärgern sich über die Deutsche Bahn wegen Zugausfällen und Verspätungen bei zu kaltem wie zu heißem Wetter. Kraftfahrer beklagen den Zustand deutscher Autobahnen und Handybenutzer die Funklöcher in der Mobilfunkabdeckung. Andere sehen durch ein zu langsames Internet nicht weniger als die Zukunftsfähigkeit Deutschlands bedroht. Und dass China in einem riesigen Investitionsprogramm eine „Neue Seidenstraße“ plant, finanziert und weitgehend baut und damit die geopolitischen wie die globalen ökonomischen Bedingungen endgültig verändert, ist noch gar nicht recht bewusst geworden.

Jedes Beispiel ist ein Beleg dafür, wie wichtig und zeitgemäß Dirk van Laaks Buch ist. Es geht ihm dabei um das, was die Welt im Innersten zusammen- oder vielmehr in Bewegung hält: die Infrastruktur. Alle brauchen sie, alle nutzen sie, man bemerkt sie aber eigentlich nur, wenn sie nicht funktioniert.

Das ist nicht immer ein appetitliches Thema, denn Müllentsorgung gehört ebenso dazu wie Abwasserkanalisation. Auch der Einsatz von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen beim Straßen-, Eisenbahn- und Brückenbau wird berücksichtigt. Dennoch ist dem Leipziger Historiker ein höchst unterhaltsames Buch gelungen, das zudem meisterhaft nationale Geschichte(n) mit transnationalen Perspektiven verbindet.

Van Laak erweitert erfreulicherweise nicht lediglich regionale und nationale Geschichten punktuell, sondern nimmt konsequent eine globale Perspektive ein. Beeindruckend ist, wie er Entwicklungen in Europa, etwa den Eisenbahnbau, mit dem in den USA oder den europäischen Kolonien in Afrika verbindet. Oder wie er die Bedeutung des Verlegens der großen Unterwasserkabel für Telegraphen in ihren Bedingungen und Auswirkungen schildert.

Es wird dabei deutlich, dass Infrastruktur auch das Netz bildet, das den Globus immer engmaschiger umgibt. Dass dabei dem globalen Norden ein Übergewicht zukommt, ist kein Zufall: Lange Zeit war er ein Modell für die Welt. Der Rechtfertigungsdiskurs, der die Infrastruktur in den Mittelpunkt rückte, bildete lange die Legitimation für die europäische Herrschaft über die Welt.

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Van Laaks Buch kann man entnehmen, wie „Infrastruktur“ selbst zur Chiffre wurde, zum Kennzeichen von „Entwicklung“ und „Moderne“, und zum kolonialen Machtspeicher, durch den die ehemaligen Kolonien so sehr in die sich globalisierende Welt eingebunden waren, dass es der formalen Kolonialherrschaft am Ende nicht mehr bedurfte. Im Grunde wurde Infrastruktur selbst zum „Weißen Elefanten“, zum Projekt, das man umsetzt, ob es sinnvoll ist oder nicht. Infrastruktur ist für van Laak die Linse, durch die er die Weltgeschichte der Moderne schreibt. Und das gelingt ihm glänzend.

Rezension: Prof. Dr. Jürgen Zimmerer

Dirk van Laak
Alles im Fluss
Die Lebensadern unserer Gesellschaft
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2018, 368 Seiten, € 26,–

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Yawl  〈[jl] f. 7 od. f. 10; Mar.〉 (Sport–)Segelboot mit einem großen u. einem kleinen, hinter dem Ruder befindlichen Mast [<engl. yawl … mehr

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