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Wendepunkte – Schlüsselentscheidungen im Zweiten Weltkrieg

Kershaw, Ian

Wendepunkte – Schlüsselentscheidungen im Zweiten Weltkrieg

Der englische Historiker Ian Kershaw, Verfasser der besten Hitler-Biographie, der bisher fast nur über deutsche Geschichte gearbeitet hatte, erweitert mit diesem Buch sein Forschungsfeld auf die Weltgeschichte. Er untersucht zehn Beschlüsse (englisch: Fateful Choices) in sechs Staaten am Beginn des Zweiten Weltkrieges.

Drei betreffen Deutschland: Hitlers Beschlüsse, die Sowjetunion anzugreifen, den USA den Krieg zu erklären und die Juden zu ermorden. Je zwei beziehen sich auf Japan (Ausdehnung nach Süden und Eintritt in den Krieg) und die USA (Unterstützung Großbritanniens und Führung eines unerklärten Krieges). Je einer schließlich betrifft Großbritannien (nach der Niederlage Frankreichs weiterzukämpfen), Italien (sich auszudehnen) und die Sowjetunion (den deutlich bevorstehenden deutschen Angriff zu ignorieren).

Das sind in der Tat die Wendepunkte des Zweiten Weltkrieges, nicht die militärischen, sondern die politischen. Sie hätten sämtlich auch anders ausfallen können. England hätte 1940 einen Verhandlungsfrieden mit Hitler anstreben können. Hitler hätte den Angriff auf die Sowjetunion, Japan den Südvorstoß und Mussolini den Angriff auf Griechenland unterlassen können. Roosevelt hätte im Isola‧tionismus verharren können. Stalin hätte sich auf den Krieg besser vorbereiten können. Hitler hätte die Kriegserklärung an die USA unterlassen können, und vor allem brauchte er die Juden nicht zu ermorden.

Die Handlungsspielräume der Staatsmänner (nur bei England und Japan spricht Kershaw von kollektiver Führung) waren mehr oder weniger groß, am größten die der Diktatoren Hitler, Mussolini und Stalin. Sie mussten nicht tun, was sie taten. Sie trafen ihre Entscheidungen persönlich und leichtfertig. Die Demokratien und auch Japan handelten eher unter dem Zwang von Umständen. Die Folgen waren für die undemokratischen Länder immer fatal; nur die Demokratien handelten erfolgreich in ihrem Inter‧esse. Schon dies eröffnet tiefe Einblicke in die Geschichte des 20. Jahrhunderts und sagt außerdem viel über die Bedeutung unterschiedlicher Herrschaftsformen aus.

Kershaw beherrscht den Stoff meisterhaft. Nur die deutsche und die britische Seite waren ihm schon vertraut. Doch auch in den Be-reichen, die für ihn Neuland waren, zeichnet er ein zuverlässiges Bild, und er schreibt lesbar, oft geradezu glänzend. Gewiss gibt es bereits gute Geschichten des Zweiten Weltkrieges. Doch Kershaw übertrifft sie alle, nicht als Kriegsgeschichte im engeren Sinn, sondern bezüglich der Beschlussbildung. Sein Buch ist auch ein Triumph der politischen Geschichtsschreibung über andere Betrachtungsweisen wie Struktur- oder Alltagsgeschichte. Es liefert die bessere historische Erklärung.

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Rezension: Jäckel, Eberhard

Kershaw, Ian
Wendepunkte – Schlüsselentscheidungen im Zweiten Weltkrieg
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2008, 730 Seiten, Buchpreis € 39,95
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