„Einige kleinere Tankstellenbetreiber mischen den Alkohol bereits zu“, sagt Markwart Kunz, Mitglied des Vorstandes der Südzucker AG. Shell und BP wollen damit zum Winter beginnen. Neben Bio-Ethanol erfährt auch Biodiesel einen Boom: „Im Laufe des Februars lieferten wir erstmals Dieselkraftstoff mit Bio-Komponente an die BP- und Aral-Tankstellen aus“, so ein Firmensprecher von BP in Bochum. Shell folgte fast zeitgleich. Bislang gab es nur an wenigen Tankstellen Rapsöl-Treibstoff, der in reiner Form angeboten wurde. Doch nun soll sich der Absatz verdreifachen, da der Bio-Kraftstoff künftig dem handelsüblichen Diesel zugesetzt werden darf.
Der Grund für den Wandel auf dem Sprit-Markt ist eine neue EU-Richtlinie, die bei Mischungen den Anteil von Bio-Treibstoffen von der Steuer befreit. Weiterhin fordert die Richtlinie bis zum Jahr 2005 einen Anteil von zwei Prozent an Bio-Kraftstoffen im Tank. Bis zum Jahr 2010 soll der Anteil auf 5,75 Prozent klettern.
„Das Zwischenziel bis 2005 kann in Deutschland nicht mehr erreicht werden, und es ist unklar, wie die Vorgaben für 2010 erfüllt werden können“, urteilt Kunz. Erst seit einigen Monaten reagieren Hersteller und Tankstellenbetreiber auf die Gesetzesvorgaben: In Deutschland befinden sich derzeit drei Anlagen zur Herstellung von Bio-Ethanol im Bau. Eine darunter ist die der Firma Südzucker in Zeitz, die im zweiten Quartal des nächsten Jahres in Betrieb gehen soll. 260.000 Kubikmeter an Alkohol werden dann jährlich aus Biomasse gewonnen.
„Ohne die Richtlinie der EU würde niemand investieren“, räumt Kunz ein. Denn noch ist die Herstellung von Bio-Ethanol nicht so wirtschaftlich wie die der Erdöl-Treibstoffe. Bio-Ethanol ist rund ein Drittel teurer als Benzin. „Wenn der Erdölpreis weiter steigt, könnten Bio-Treibstoffe allerdings eine wirtschaftliche Alternative werden“, erläutert Kunz gegenüber ddp. Immerhin kann Alkohol die Oktanzahl des Benzins verbessern, so dass eine höhere Qualität erreicht wird. „Benzin lässt sich zum Teil mit Bio-Ethanol zum Super aufwerten“, erklärt Kunz.
Da sich Alkohol problemlos mit Wasser mischt und immer einen kleinen Anteil Feuchte enthält, werden jedoch auch Schwierigkeiten erwartet. Die Feuchte könnte beim Verbrennen dem Motor schaden. Der Treibstoff muss deshalb zuvor gründlich getrocknet und vor eindringender Feuchtigkeit geschützt werden.
Teilweise bevorzugen Tankstellenbetreiber daher ein Veredelungsprodukt des Bio-Ethanols: Ethyl-Tertiär-Butylether (ETBE). Dieser wird aus gleichen Teilen Ethanol und Isobuten hergestellt, das in Ölraffinerien als Nebenprodukt anfällt. ETBE könnte dem Benzin mit einem Volumenanteil von bis zu 15 Prozent beigemischt werden. „Vom ökologischen Gesichtspunkt her ist Bio-Ethanol allerdings dem ETBE vorzuziehen, da es einen Verarbeitungsschritt weniger benötigt und deshalb die bessere Kohlendioxid-Bilanz hat“, meint Kunz.
Das Zünglein an der Waage für alle Bio-Kraftstoffe ist jedoch ihre Wirtschaftlichkeit. Südzucker arbeitet mit hochgezüchteten Hefen, um möglichst große Mengen Alkohol aus dem Getreide zu holen. „Diese Hefen verbessern wir ständig“, erklärt Kunz. Je Tonne Weizen können bisher ungefähr 375 Liter Bio-Ethanol erzeugt werden.
Rentabler könnte die Herstellung sein, wenn nicht Hefen, sondern Bakterien bei der Umwandlung aktiv werden. Daran forscht Südzucker unter anderen. Ließe sich überdies statt Getreide beispielsweise Stroh oder gar Hausmüll vergären, würde der Preis für Bio-Ethanol weiter sinken. In den USA und Brasilien ist die Entwicklung dank Fördergeldern in dreistelliger Millionenhöhe schon weiter: Der Konzern „Iogen“ in Montreal stellt Ethanol aus Stroh her. Aus jeder Tonne Stroh entstehen rund 340 Liter Alkohol. In den USA und Brasilien wird das Benzin bis zu einem Viertel mit solchen Bio-Treibstoffen angereichert jeder Motor kann dort problemlos damit laufen.