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Antimaterie: 1000 Sekunden in der Falle

Astronomie|Physik Technik|Digitales

Antimaterie: 1000 Sekunden in der Falle
Antiwasserstoff-Atome bestehen aus einem Antiproton und einem Positron, dem Antiteilchen des Elektrons. In der Natur sind sie nicht zu finden, denn sobald Antimaterie mit der überall gegenwärtigen normalen Materie zusammentrifft, zerstrahlen beide sofort zu reiner Energie. Im November 2010 hatten Wissenschaftler am Alpha-Spektrometer des europäischen Kernforschungszentrums CERN bei Genf zum ersten Mal 38 Antiwasserstoff-Atome im Labor erzeugt und rund 170 Millisekunden lang in einer Falle aus Magnetfeldern gefangen gehalten. Jetzt konnten sie ihren eigenen Weltrekord deutlich überbieten ? indem sie die exotischen Teilchen fast 17 Minuten lang vor der Vernichtung bewahrten.

Antimaterie gibt den Wissenschaftlern Rätsel auf ? weil sie im Weltall nicht vorhanden ist. Eigentlich hätten beim Urknall Materie und Antimaterie zu gleichen Teilen entstehen müssen ? und sich alsbald gegenseitig wieder vernichten. Doch die Milliarden von Galaxien, Sternen und Planeten, die allesamt aus gewöhnlicher Materie bestehen, zeugen davon, dass eine solche komplette gegenseitige Auslöschung nicht stattgefunden hat. Aber wo ist dann die Antimaterie geblieben? Bislang fanden die Astrophysiker von ihr nirgendwo im Universum eine Spur. Stattdessen deuten verschiedene experimentelle Messungen darauf hin, dass der Urknall einen winzigen Überschuss an Materie geschaffen hat. Dieses kleine Materie-Plus hätte demnach alles geformt, was heute im All existiert ? der große Rest an Materie und die gesamte Antimaterie wäre tatsächlich zu Energie zerstrahlt.

Allerdings: Welcher Mechanismus bewirkt haben könnte, dass die beiden Materieformen nicht zu exakt gleichen Teilen in die Welt kamen, wissen die Physiker bislang nicht. Labor-Experimente an eingefangenen Antimaterie-Atomen könnten eine Antwort geben. Doch dazu müssen die Forscher die physikalischen Eigenschaften von Atomen aus Antimaterie hochpräzise vermessen ? und das wiederum setzt voraus, dass die labilen Partikel ausreichend lange existieren. Die erfolgreiche Konservierung von Antiwasserstoff über eine Viertelstunde schafft dafür die Basis.

Um die Antiwasserstoff-Atome zu generieren, ließ das internationale Wissenschaftler-Team am CERN mehrere Millionen Antiprotonen und Positronen mit hoher Geschwindigkeit kollidieren. Dabei entstanden rund 300 Atome aus Antimaterie, die die Forscher mithilfe einer magnetischen Falle ? einer speziellen Anordnung von Magnetfeldern ? festhielten. Zudem kühlten sie die Antimaterie auf lediglich ein halbes Grad über den absoluten Nullpunkt (minus 273 Grad Celsius) ab. Erst nach 1000 Sekunden entließen die Physiker die Antiatome aus der Falle.

Die Möglichkeit, Antimaterie viele Minuten oder gar Stunden lang einzufangen, öffnet den Weg zu neuartigen Experimenten. Sie könnten den Wissenschaftlern helfen, das Ungleichgewicht bei der Bildung von Materie und Antimaterie zu verstehen. Und vielleicht bringen sie auch unerwartete Effekte ans Licht ? etwa Unterschiede in der Schwerkraft zwischen Materie und Antimaterie.

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G.B. Andresen (Department of Physics and Astronomy, Aarhus University, Dänemark) et al.: arXiv:1104.4982v1 (Online-Vorabveröffentlichung) wissenschaft.de – ===Ralf Butscher
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