Ein Lösungsansatz lautet: Wer schwimmt, kann nicht untergehen. Einige niederländische Architekturbüros haben sich auf den Bau von schwimmenden Gebäuden spezialisiert (siehe bild der wissenschaft 8/2006, “Häuser mit Schwimmblase”). Neben den amphibischen Häusern in Maasbommel ist inzwischen auch in IJburg nahe Amsterdam eine schwimmende Siedlung entstanden. Samt Leitungsanschlüssen können sich diese komfortablen Container-Häuser flexibel dem Wasserstand anpassen.
Die Firma DeltaSync, die mit der Universität Delft zusammenarbeitet, hat noch ehrgeizigere Ziele: Sie arbeitet an Konzepten für ganze schwimmende Städte, samt Gärten und Straßen. In Rotterdam existiert bereits ein elegantes Vorzeigeprojekt: ein schwimmender Pavillon-Komplex – drei Halbkugeln auf einer Gesamtfläche von 46 mal 24 Metern. “Im Prinzip kann man alle möglichen Siedlungsstrukturen auf schwimmfähigem Untergrund bauen, zum Beispiel auch Gewächshäuser”, sagt Karina Czapiewska von DeltaSync. Die Tragfähigkeit des Systems wird von Einheiten aus Beton und Styropor gewährleistet. “Da kann nichts volllaufen und untergehen”, so Czapiewska. Sie und ihre Kollegen sehen im urbanen Leben auf dem Wasser weltweit großes Potenzial. Sie haben dazu die Initiative “Blue Revolution” ins Leben gerufen. Sie soll Menschen und Organisationen zusammenführen, die Wasserflächen in Bauland verwandeln wollen.
Ganz ohne Deiche geht es nicht
Doch sind diese Konzepte die Lösung für das von der Sintflut bedrohte Königreich? “Sie sind sinnvoll in akut gefährdeten Bereichen, aber wir können die Niederlande natürlich nicht komplett schwimmen lassen”, sagt Herman Havekes von der Unie van Waterschappen, dem Zusammenschluss der regionalen Wasserbehörden. “Die Siedlungsgebiete müssen weiterhin durch Deichanlagen geschützt werden”, betont er. Für den Ausbau und die niemals endenden Instandsetzungsarbeiten seien erneut milliardenschwere Investitionen geplant.
Allerdings setzt man beim Hochwasserschutz nun auch zunehmend auf das Konzept: Dem Wasser mehr Raum geben. Deiche sollen teilweise zurückversetzt werden, um Pufferzonen zu schaffen, die bei Hochwasser für Entlastung sorgen. Diese Flächen eignen sich zwar noch für die Landwirtschaft, sind aber natürlich kein herkömmliches Bauland mehr. “Hier sowie in Küstenbereichen können schwimmfähige Siedlungen eine sinnvolle Alternative sein”, sagt Havekes.
Die traditionsreiche Auseinandersetzung mit dem Wasser hat eine gute Seite, da sind sich Havekes und Czapiewska einig: Das enorme Know-how und die cleveren Konzepte der Niederländer könnten der vom Klimawandel bedrohten Welt zugutekommen. “Viele Regionen und Städte müssen mit steigenden Pegeln rechnen – zum Beispiel auch Hamburg”, sagt Karina Czapiewska.