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Aufruhr im Sonnensystem

Astronomie|Physik Technik|Digitales

Aufruhr im Sonnensystem
Ist das Kreisen der Planeten wirklich ewiglich? Plaziert man einen Planeten an einer beliebigen Position auf seiner Bahn und läßt ihn loslaufen, so wird man ihn am Ende der Rechnung nach vielen Umläufen an einem anderen Ort wiederfinden. Wiederholt man die Rechnung, indem man den Startpunkt nur ganz geringfügig verschiebt, wird man den Planeten am Schluß fast an derselben Stelle wiederfinden wie beim ersten Lauf – sofern er sich nicht chaotisch verhält. Dann beschränkt sich die Vorhersagbarkeit seiner Bahn auf fünf Millionen Jahre.

Vor knapp drei Jahren veröffentlichte der französische Wissenschaftler Jacques Laskar eine überraschende Arbeit mit dem Titel: „Großräumiges Chaos im Planetensystem“. Es war ihm gelungen, die Bahnen aller Planeten (außer derjenigen Plutos) über einen Zeitraum von insgesamt 25 Milliarden Jahren zu berechnen.

Abgesehen von dem Fall Merkurs deuten Laskars Rechnungen darauf hin, daß das Planetensystem irgendwann instabil werden könnte, obwohl alle inneren Planeten und Pluto ein chaotisches Verhalten aufweisen. Chaos sagt eben nur etwas über die Grenzen der Vorhersagbarkeit aus, nichts jedoch über die Stabilität des Sonnensystems an sich.

Die Astronomen gehen davon aus, daß sich der größte Planet, also Jupiter, als erster aus der ursprünglichen „protoplanetaren“ Staubwolke gebildet hat. Wo dies passierte, war wohl Zufall. Von da an aber bestimmte er die weitere Entwicklung des Planetensystems. Denn sobald er zu einer bestimmten Größe angewachsen war, störte er andere Brocken auf Bahnen, die mit seiner in Resonanz standen. Ähnlich wie er in den Asteroidengürtel die Kirkwood-Lücken hineinfräste, fegten er und später auch die weiteren Planeten bestimmte Bereiche in der Staubscheibe leer und sammelten die Steine selber ein. Nur in den stabilen Zonen konnten die Planeten zur heutigen Größe heranwachsen, während sich in den chaotischen Resonanzbereichen die Materie auf Dauer nicht halten konnte.

Wenn die Bahnen der inneren Planeten tatsächlich so stark schwankten, wie Laskars Studien vermuten lassen, so hätte dies sicher einen wesentlichen Einfluß auf die Klimaentwicklungen gehabt. Geradezu dramatisch müßte sich aber ein anderer Effekt ausgewirkt haben. Laskar fand nämlich heraus, daß auch die Rotationsachsen der inneren Planeten – vom Merkur bis zum Mars – unvorhersehbar kippen konnten. Die Rotationsachsen können in der Vergangenheit in einen chaotischen Bereich hineingedreht sein, wo sie zunächst umkippten und sich nach einiger Zeit wieder aufrichteten. Merkur und Venus haben sich in der Vergangenheit möglicherweise vollständig „auf die Seite“ gelegt, so daß sie förmlich auf ihrer Bahn entlangrollten, so wie es heute bei Uranus der Fall ist. In diesen Epochen wären nahezu alle Bereiche auf dem Planeten einmal pro Jahr in Positionen gelangt, wo Tage und Nächte jeweils mehrere Monate dauerten.

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Die Rotationsachse des Mars könnte sich, so Laskars Rechnungen, immerhin um 60 Grad geneigt und später wieder bis auf ihren heutigen Wert aufgerichtet haben. Allein die Erde scheint sich in der Vergangenheit ohne große Störungen gedreht zu haben. Die Schräglage ihrer Achse mit 23,3 Grad scheint recht stabil zu sein, sehr wahrscheinlich hat es hiervon kaum größere Abweichungen als 1,3 Grad gegeben. Ursache für diese vielleicht überlebenswichtige Gleichförmigkeit der Umweltbedingungen ist der Mond. Durch seine verhältnismäßig große Masse stabilisiert er bei seinem Umlauf um die Erde deren Rotationsachse

Ohne unseren Trabanten – so fand der französische Theoretiker heraus – könnte auch die Erdachse um bis zu 80 Grad schwanken, was eine Katastrophe für das Klima bedeuten würde. Die Chaosforschung gibt nicht nur neue Antworten auf die alte Frage nach der Beständigkeit unseres Planetensystems. Sie läßt auch die Frage nach bewohnten Planeten um andere Sterne in einem neuen Licht erscheinen: Die Wahrscheinlichkeit hierfür würde sinken, wenn ein Planet einen großen Mond zur Stabilisierung der Rotationsachse und somit des Klimas benötigt.

Dr. Thomas Bührke
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