Die Menschen haben im Laufe ihrer Geschichte so einige Formen der Signalübermittlung ausprobiert. Leuchtfeuer und Rauchzeichen wurden durch Postkutschen und Brieftauben abgelöst. Inzwischen schicken wir die meisten Nachrichten mit Hilfe elektrischer Signale und elektromagnetischer Wellen. Doch jeder, dessen Telefonat schon mal rüde durch ein Funkloch unterbrochen wurde, weiß: auch diese Technik ist nicht unfehlbar. Wie wäre es also, Nachrichten mit Hilfe von Molekülen zu übermitteln? Tiere etwa versprühen bereits seit Urzeiten Pheromone, um Partner anzulocken. Und auch innerhalb unseres Körpers fließt ein steter Strom chemischer Signale.
Nariman Farsad von der kanadischen York University und seine Kollegen machten sich deshalb daran, ein möglichst einfaches und kostengünstiges System zu bauen, mit dem sich Textnachrichten auf chemischem Wege über eine Distanz von wenigen Metern übermitteln lassen. Es soll als Plattform für künftige Versuche im Bereich der molekularen Kommunikation dienen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift PLOS ONE. Als Signalstoff diente ihnen Isopropanol, ein Alkohol, der gern als Lösungs- oder Desinfektionsmittel verwendet wird. Wir möchten darauf hinweisen, dass in der Pressemitteilung der York University – anders als im Paper selbst – von Wodka als Signalstoff die Rede ist. Uns ist nicht bekannt, ob die Experimente mit Hochprozentigem nach Feierabend weitergeführt wurden.
Alkohol-Schub als Signal-Bit
Der fertige Setup – sei es mit Wodka oder Isopropanol – funktioniert wie folgt: Die Forscher geben eine kurze Textnachricht vor, in diesem Falle „O Canada“, den Titel der kanadischen Nationalhymne. Ein Prozessor wandelt jeden Buchstaben in eine Sequenz von fünf Bits – Nullen und Einsen – um. Alle drei Sekunden übermittelt er ein Bit an eine elektrische Sprühflasche. Bei eins sprüht sie, bei null nicht. Ein Ventilator hinter der Flasche sorgt für einen steten Luftstrom in Richtung eines Sensors, der die Konzentration des Alkohols misst. Steigt sie, verzeichnet er eine Eins, sinkt sie, verzeichnet er eine Null. Die Zahlenfolge wird anschließend wieder in Text umgewandelt. Diese – zugegebenermaßen sehr träge – Methode der Signalübertragung funktioniert im Labor über eine Strecke von bis zu vier Metern.
Und wozu das Ganze? Seniorautor Andrew Eckford erklärt: „Chemische Signale können gerade in Tunneln, Pipelines und anderen unterirdischen Strukturen eine effizientere Möglichkeit darstellen, Daten zu übermitteln.“ Hier versagt die Kommunikation mittels elektromagnetischer Wellen nämlich schnell. Insbesondere Wartungs- oder Rettungsroboter könnten mit Hilfe von Molekülen Informationen austauschen. Auch im Nanobereich hat chemische Kommunikation Potential. Hier scheitern Funkanwendungen unter anderem daran, dass die Antenne eine bestimmte Größe haben muss, um Signale spezifischer Wellenlängen zu senden und zu empfangen.
Klingt alles höchst vernünftig. Wir erkennen jedoch noch einen weiteren Nutzen der chemischen SMS: Wer auf die Übermittlung jedes Bits drei Sekunden waren muss, überlegt sich selbst in besoffenem Zustand gründlich, ob er wirklich eine Nachricht schicken will.