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Dampf aus dem Solarschwamm

Technik|Digitales

Dampf aus dem Solarschwamm
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In der Wasserschale schwimmt der Solarschwamm - er erzeugt durch bloße Sonnenbestrahlung Wasserdampf. (Foto:Jeremy Cho)
Um allein mit der Kraft der Sonne Dampf zu erzeugen, musste das Sonnenlicht bisher durch Spiegel oder Lupen konzentriert werden. Jetzt jedoch haben Forscher eine Konstruktion entwickelt, die selbst bei leicht bewölktem Himmel Wasser zum Kochen bringt – ohne aufwändige Optik oder zusätzliche Heizung. Dieses einfache und noch dazu billige Prinzip könnte vor allem in ärmeren, abgelegenen Gegenden dabei helfen, Wasser zu entsalzen oder zu reinigen – und so ohne großen Aufwand Trinkwasser zu gewinnen.

In der Solarthermie wird die Energie der Sonne schon seit längerem dafür genutzt, Wasser zu erhitzen. Auf dem heimischen Dach reicht dazu meist eine Anlage, in der ein besonders stark absorbierendes Material dafür sorgt, dass sich das hindurchfließende Wasser aufheizt. Soll aber mit der Solarenergie Dampf produziert werden, beispielsweise für die Stromerzeugung, dann muss das Sonnenlicht dafür erst konzentriert werden. „Optische Hilfsmittel wie Parabolrinnen, Heliostate und Linsen können den solaren Einstrom um mehrere tausend Mal konzentrieren und so sehr hohe Temperaturen erreichen, erklären George Ni vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und seine Kollegen. Doch diese Systeme sind meist teuer, sie könne bis zu 200 US-Dollar pro Quadratmeter kosten – und das macht ihren Einsatz gerade in ärmeren, aber sonnenreichen Ländern nahezu unerschwinglich. Um das zu ändern, experimentieren die Forscher schon seit längerem mit Materialien und Konstruktionen, die eine solargetriebene Verdampfung auch ohne solche optischen Hilfsmittel möglich machen.

Absorber, Schwamm und Blasenfolie

„Ich habe mich gefragt: Wie können wir Wasser unter ganz normalen Bedingungen auf einem Dach zum Kochen bringen, ohne das Sonnenlicht optisch konzentrieren zu müssen“, erklärt Nis Kollege Gang Chen. Nach einigem Experimentieren entwickelten die Wissenschaftler eine Art Wärmeschwamm: Eine schwammartige, auf dem Wasser schwimmende Insel, deren Oberseite mit einem speziellen Absorber-Material überzogen ist. Diese blauschimmernde Folie wird bereits häufig zum Auskleiden solarthermischer Paneele für die Warmwasserbereitung verwendet. „Solche spektral selektiven Materialien absorbieren Sonnenlicht sehr stark, geben aber nur wenig Strahlungswärme wieder an die Luft ab“, erklären die Forscher. Um diese Wärmeabgabe nach oben noch weiter zu minimieren, überdeckten sie diesen Wärmesammler zusätzlich mit einer Schicht simpler Blasenfolie – wie sie zum Verpacken zerbrechlicher Objekte genutzt wird. „Ich war zuerst skeptisch, aber wie sich zeigte, funktioniert das bestens“, berichtet Ni. Wie bei einem Treibhaus verhindert die durchsichtige Folienschicht, dass Wärme austreten kann, lässt aber das Sonnenlicht hindurch.

Wie aber funktioniert nun dieser „Solarschwamm“? Das Entscheidende passiert an der Unterseite der Absorberfolie: Sie leitet die eingefangene Wärmeenergie der Sonne weiter an die wassergefüllten Poren des Schwamms. Dadurch, dass in diesen Poren immer nur ein wenig Wasser in Kontakt mit der Heizfolie kommt, reicht schon relativ wenig Energie, um dieses Wasser stark aufzuheizen. Deshalb ist kein optisches Konzentrieren des Sonnenlichts nötig, wie die Forscher erklären. Würde die Folie dagegen direkt auf der Wasseroberfläche schwimmen, würde der große Wasserkörper die Wärme sofort ableiten und so stark „verdünnen“, dass es nicht zum Kochen kommt. Wenn das Wasser in den oberen Poren des Schwamms verdampft, sucht sich der Dampf seinen Weg nach außen. Durch ein kleines Loch im Zentrum der Schwamminsel kann er nach oben hin entweichen – und gezielt eingefangen werden. Gleichzeitig sorgt dieses Entweichen für einen Unterdruck, durch den von unten frisches Wasser in die oberen Schwammporen gesaugt wird.

Dampfproduktion selbst bei Wolken am Himmel

Dass dieses Prinzip funktioniert, bewies ein Versuch auf dem Dach des Labors. Wie die Forscher betonen, war der Himmel dabei keineswegs wolkenlos und die Sonne wurde immer wieder vorübergehend verdeckt. Dennoch heizte sich das Wasser in der Schwamminsel schon nach wenigen Minuten bis auf mehr als 95 Grad Celsius auf und der erste Dampf stieg auf. Die Schwamminsel wandelte dabei immerhin 20 Prozent des einfallenden Sonnenlichts in Dampf um. Ähnlich gut funktionierte das Ganze bei klarem Himmel aber schon tiefer stehender Sonne. „Diese Experimente belegen, dass dieser Solarempfänger die 100 Grad schnell erreicht – und das selbst in Perioden geringerer oder wechselnder Sonneneinstrahlung“, so Ni und seine Kollegen.

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Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte sich dieser „Solarschwamm“ besonders gut für den Einsatz in ärmeren Ländern und Regionen eignen. Denn die dafür nötigen Materialen sind weder sonderlich exotisch noch teuer. Eine ein Quadratmeter große Schwamminsel nach Muster ihres Prototyps würde rund sechs US-Dollar kosten. „Wir erwarten aber, dass sich die Kosten auf rund zwei US-Dollar pro Quadratmeter senken lassen“, sagen Ni und seine Kollegen. Denn die meisten Komponenten der Schwamminsel sind Alltagsmaterialien und könnten sogar aus Abfällen gemacht werden. Nur die Absorberfolie muss gekauft werden, aber auch hier gibt es noch günstigere Alternativen zu der im Prototyp eingesetzten Variante. „Rechnet man dies mit ein, kann unsere Konstruktion Dampf zu nur fünf Prozent der Kosten einer herkömmlichen Anlage mit optischen Hilfsmitteln erzeugen.“ Nützlich wären solche solaren Schwamminseln aus Alltagsmaterial beispielsweise, um Meerwasser zu entsalzen oder Trinkwasser aus verunreinigten Gewässern zu gewinnen.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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