Die globale Durchschnittstemperatur hat im Laufe des 20. Jahrhunderts um rund 0,5 Grad Celsius zugenommen. Angesichts dieser Entwicklung fordern Experten schon lange, bis zur Mitte dieses Jahrhunderts den Ausstoß von Treibhausgasen auf die Hälfte der Emissionen von 1990 zu reduzieren. Deutschland hat sich deshalb 1995 vorgenommen, seinen Ausstoß des wichtigsten Treibhausgases Kohlendioxid bis 2005 um 25 Prozent und bis 2020 um 40 Prozent zu senken. Doch die bisherige Erfolgsbilanz ist ernüchternd, wie eine Studie von Forschern der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) um Walter Blum jetzt belegt. Danach haben die Kohlendioxid-Emissionen seit 1992 nur um durchschnittlich 0,6 Prozent pro Jahr abgenommen. „Ein enttäuschendes Ergebnis, wenn man die großen Anstrengungen von Staat und Industrie berücksichtigt“, meint Blum. „Das Ziel der Bundesregierung wurde deutlich verfehlt. Der tatsächliche Rückgang beträgt – bezogen auf 1990 – nur etwa 15 Prozent.“
Die Studie der DPG betont, dass es beim Klimaschutz auch um Signalwirkungen geht, die durchaus von Deutschland ausgehen können, wenn es seine selbstgesetzten nationalen Ziele erreicht. Dies sei aber nur möglich, wenn man den für 2020 geplanten Atomkraftausstieg herauszögere und den Kernkraftwerken längere Laufzeiten ermögliche (siehe bild der wissenschaft 10/2005, „ Kernenergie: Im Karussell der Meinungen“). Das vorzeitige Abschalten der Reaktoren würde bedeuten, dass pro Jahr etwa 112 Millionen Tonnen an zusätzlichen Treibhausgasen in die Atmosphäre entweichen. „Mit Kernkraft „, so Blum, „wäre dagegen bis 2020 eine Reduktion der Emissionen um immerhin 35 Prozent möglich, was dem Ziel von minus 40 Prozent sehr nahe kommt.“
Gleichzeitig plädieren die Wissenschaftler für den Ausbau solarthermischer Kraftwerke in sonnenreichen Ländern. Deutsche Kraftwerkbetreiber sollten in entsprechende Anlagen in Südeuropa oder Nordafrika investieren. Davon würde neben der lokalen Stromversorgung auch Deutschland profitieren: Zunächst könnten im Rahmen des Kyoto-Protokolls Emissionsrechte erworben werden, um sie mit dem eigenen Kohlendioxid-Ausstoß zu verrechnen. Danach sei es denkbar, etwa mit Hochspannungstrassen den Solarstrom auch nach Mitteleuropa zu leiten.