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Elektronik macht Druck

Technik|Digitales

Elektronik macht Druck
Die Erfindung des Drucks mit beweglichen Lettern sorgte für eine weite Verbreitung des Buches, das so zum Leitmedium unserer Zivilisation wurde. Das Buch der Zukunft besteht nicht mehr aus Buchstaben auf Papier, sondern aus digitalen Einsen und Nullen.

Wie heute ein Buch entsteht

Praktisch, so ein Buch: Es ist kompakt und stabil, ein willkommener Begleiter in allen Lebenslagen – ob zu Hause auf der Couch, im Café oder in der U-Bahn. Längst ist das Buch zur Massenware geworden. Es geht nicht mehr durch die Hände von Setzern oder Druckern. Maschinen haben das Regiment übernommen. Heutzutage kommt das Gedruckte aus Druck- und Bindestraßen.

Schon am Anfang steht eine Maschine: der Computer des Autors, auf dem er den Text tippt. Viele Verlage geben ihren Autoren eine Vorlage für die Textverarbeitungs-Software, damit sie schon beim Schreiben die ersten Gestaltungen am Text vornehmen können. Ist das Buch fertig, reicht der Autor das Manuskript digital an den Verlag weiter.

Dort entwirft der Hersteller das Innenleben des Buches: Er lädt die Datei des Autors in ein Satzprogramm, mit dem er Schriftart und Schriftgröße zuweist, die Seitendimensionen definiert und Bilder oder Grafiken in den Text einbindet. Vor allem diesen Bereich hat die Computerisierung enorm vereinfacht: Noch vor wenigen Jahren lieferte ein Autor sein Manuskript in der Regel auf Papier im Verlag ab, selbst dann, wenn er es am Computer geschrieben hatte. Da jedoch die verschiedenen Dateiformate nicht kompatibel waren, musste oft der ganze Text von Hand in den Satzrechner eingegeben, also noch einmal abgetippt werden.

War der Text im Satzrechner, wurde er auf einen Trägerfilm übertragen. Jetzt begann die Arbeit der Gestalter: Die Filme wurden per Hand auseinander geschnitten und zu Seiten zusammengefügt. Sollte der Text mit einem Foto illustriert werden, wurde ein Platzhalter eingefügt. Die Bilder mussten noch einmal fotografiert und dann auf Film belichtet werden. Dann erst konnte man sie ausschneiden und an die vorgesehenen Stellen einfügen. Kompliziert war es, wenn es bunt sein sollte: Für ein farbiges Bild musste man vier verschiedene Filme belichten, jeweils einen für die Grundfarben Türkis („Cyan“), Purpur („ Magenta“), Gelb („Yellow“) und Schwarz („Key“: Schlüsselfarbe, um eine Verwechslung mit blau zu vermeiden). Zusammen ergeben diese Grundfarben das CMYK-Farbmodell. Die vier Filme hatte man anschließend übereinander zu legen – passgenau versteht sich, damit die Farbschichten sich nicht gegeneinander verschoben. Aus den so gestalteten Seiten wurden die Druckplatten gefertigt.

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In der Welt der digitalen Gestaltung, des Desktop Publishing (DTP), ist das alles viel einfacher: Bilder und Texte liegen digital vor und werden mit einem Layoutprogramm zusammengefügt. Das Layout wird in eine so genannte PostScript-Datei exportiert, aus der schließlich die Druckplatten erzeugt werden. Dafür ist keine Belichtung mehr nötig: Stattdessen überträgt im Computer-to-Plate-Verfahren, abgekürzt CTP, ein Laser die Daten direkt auf die Druckplatte. Sie wird auf der Walze einer Druckmaschine befestigt, und das Buch geht in Druck.

Der Digitaldruck kommt sogar ohne teure Druckplatten aus. Der Text gelangt aus dem Computer direkt zur Druckmaschine, meist einem besonders leistungsfähigen Laserdrucker. Dieses Verfahren erfüllt manchem Autor, dessen Manuskript die Verlage abgelehnt haben, doch noch den Traum vom eigenen Buch. Denn gedruckt wird auf Bestellung – englisch „on demand“. Die Bestellbücher gibt es bei Internet-Buchhändlern wie Amazon, aber auch ganz normal im Buchhandel.

Buchdruck gestern: die schwarze Kunst

Vor der Erfindung des Buchdrucks in Europa Mitte des 15. Jahrhunderts wurden Bücher per Hand kopiert: Gebeugt saß der Mönch am Schreibpult über seinem Werk. Vor sich ein Tintenfass, in das er immer wieder den Kiel seiner Schreibfeder tauchte. Buchstabe für Buchstabe malte er auf das Pergament. In regelmäßigen Abständen griff er nach einem Messer, um die Feder wieder anzuspitzen. Hatte er eine Seite fertig, reichte er das Pergament weiter an die Illustratoren.

Es dauerte Monate, bis ein Buch das klösterliche Scriptorium verließ. Der Verbreitung von Wissen war diese Methode nicht zuträglich: Ein Schreiber konnte in seinem Leben nur wenige Kopien anfertigen, und die Bücher waren so teuer, dass sie sich schon Könige oder der Hochadel kaum leisten konnten, geschweige denn die gewöhnlichen Menschen, die ja auch nicht lesen konnten.

Einfacher machte es der Blockdruck: In ein Stück Holz wurde ein Druckstock geschnitzt, mit dem sich eine ganze Seite drucken ließ. Das war ein klarer Fortschritt gegenüber dem Abschreiben. War der Druckstock einmal geschnitten, ließen sich damit eine größere Zahl Texte oder Bilder drucken. In Europa tauchten um 1430 die ersten mit diesem Verfahren hergestellten Folianten auf, die Blockbücher.

Zum Massenmedium wurde das Buch Mitte des 15. Jahrhunderts durch die bahnbrechende Erfindung des Mainzers Johannes Gensfleisch zur Laden zum Gutenberg, besser bekannt als Johannes Gutenberg. Statt den Druckstock für eine ganze Seite aus einer Holzplatte zu schnitzen, zerlegte Gutenberg einfach den zu druckenden Text in seine Bestandteile: Buchstaben und Satzzeichen, die er in Blei goss. Anschließend baute er diese spiegelverkehrten Lettern auf einem Winkelhaken zu einer Zeile zusammen. Die kompletten Zeilen ordnete Gutenberg zu einem Druckstock. Den pinselte er mit Farbe ein und spannte ihn in eine Presse, mit der er das Negativ der Seite auf Papier druckte.

Um seine Technik zu verfeinern, fertigte er zunächst Flugblätter, bevor er sich 1447 an sein erstes Buch machte, eine lateinische Sprachlehre. Gutenbergs bekanntestes Werk ist die nach ihm benannte Bibel, die Mitte der Fünfzigerjahre des 15. Jahrhunderts erschien. Von den etwa 180 gedruckten Exemplaren sind 49 erhalten geblieben.

Der Buchdruck löste eine Medienrevolution aus. Wissen war plötzlich mit vergleichsweise einfachen Mitteln reproduzierbar. Allein in den 50 Jahren nach Gutenbergs Erfindung entstanden 300 000 Bücher mit einer Auflage von insgesamt 12 Millionen Exemplaren. Sie waren auch für breitere Schichten erschwinglich. Nach nur drei Monaten waren 3000 gedruckte Luther-Bibeln, ein halbes Jahrhundert später gar 120 000 verkauft.

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden in Österreich Flugblätter verteilt, die von der Bedrohung durch die Türken oder dem Erscheinen eines Kometen über Konstantinopel berichteten – die Vorläufer der Zeitung. Die erste Zeitung erschien 1609 in Straßburg, das erste Wochenblatt 1622 in England.

Das Gedruckte wurde zum Leitmedium der Zivilisation – in den Worten des kanadischen Kommunikations- und Literaturwissenschaftlers Marshall McLuhan: die Gutenberg-Galaxis. Vier amerikanische Journalisten kürten den Mainzer 1998 in ihrem Buch „1000 Years – 1000 People“ sogar zum „ Mann des Jahrtausends“ – ungeachtet der Tatsache, dass ein Chinese den Buchdruck bereits einige Jahrhunderte früher erfunden hatte (siehe Kasten „Die Bi-Galaxis“) und dass Gutenberg auch in unseren Breiten umstritten ist. So reklamieren etwa die Holländer, ihr Landsmann Laurens Janszoon Coster habe den Buchdruck erfunden.

In den folgenden Jahrhunderten erschienen zwar immer mehr Druckerzeugnisse, doch ihre Herstellungsweise änderte sich kaum. Der Legende nach gab eine Frau, die Wäsche mangelte, den Anstoß zur Entwicklung einer neuen Druckmaschine. Danach beobachtete der Leipziger Drucker Friedrich Koenig, wie sich die Knöpfe im Stoff abdrückten, als sie die Wäschestücke zwischen den Walzen hindurch schob. Ob sich auf diese Weise nicht auch Druckerschwärze auf Papier bringen ließe? Mehrere Jahre tüftelte der Leipziger Drucker, bis er schließlich im Jahr 1811 seine Zylinderdruckpresse fertig gestellt hatte. Noch im selben Jahr verkaufte er seine erste Schnellpresse.

Drei Jahre später stellte die Londoner Times ihre Produktion um und läutete damit die Ära der mechanischen Presse ein. Nach einigen Verbesserungen schafften „Koenigs Schnellpressen“ 1500 Bogen in der Stunde – das entsprach der Tagesleistung an einer Handpresse. Die Leistung erhöhte sich noch, als in den folgenden Jahren die Papierherstellung Fortschritte machte. Jetzt stand das Papier nicht mehr nur als Bogen, sondern auch als riesige Rolle zur Verfügung. Das ermöglichte den nächsten Schritt in der Drucktechnik: die Rotationspresse, die 12 000 auf beiden Seiten bedruckte Blätter in der Stunde ausspuckte.

Zeitungen und Bücher waren nun in Windeseile gedruckt. Allein der Satz war noch genauso mühsam wie zu Gutenbergs Zeiten. Immer noch klaubte der Setzer die einzelnen Lettern aus einem Setzkasten, baute Wörter und Sätze in einem Winkelhaken zusammen und ließ sie von dort in den Druckstock gleiten.

Das Problem des Satzbaus löste der deutsche Uhrmacher Ottmar Mergenthaler, der 1872 in die USA ausgewandert war. Dort widmete er sich neben Uhren auch den Reparaturen anderer mechanischer Geräte. Besonders die Schreibmaschine faszinierte Mergenthaler. Wenn es möglich war, mit ihr Buchstaben auf ein Blatt zu schreiben, dann könnte man auf diese Weise vielleicht auch eine Druckvorlage erstellen. Schließlich kam Mergenthaler auf eine geniale Lösung: Er füllte seinen Setzkasten nicht mit Lettern, sondern mit Druckformen für Lettern, den Matrizen. Schlug der Setzer eine Taste, fiel aus einem Setzkasten die entsprechende Gussform in die Satzform. Die war so breit wie die Zeile im Satzspiegel. War eine Zeile gesetzt, ertönte ein Glockenschlag. Ein Zug an einem Hebel beförderte die Zeile vor ein Gießloch, aus dem flüssiges Metall herausfloss – fertig war eine neue Druckzeile. Die Matrizen wanderten wieder zurück in ihre Fächer im Setzkasten. Sortiert wurden sie mechanisch anhand von kleinen Zähnen am Rand. Die Gusszeilen wurden per Hand zu einem Druckstock zusammengesetzt.

Während diese „Linotype“ genannte Technologie hauptsächlich beim Zeitungsdruck eingesetzt wurde, spielte beim Buchdruck das von dem Amerikaner Tolbert Lanston entwickelte Monotype-Verfahren eine immer größere Rolle. Beim Setzen werden die Buchstaben dabei als Perforation in einen Lochstreifen gestanzt – ähnlich wie bei der mechanischen Datenverarbeitungsmaschine, die Herman Hollerith zur gleichen Zeit entwickelte. In der Gießmaschine wurde durch die Löcher des Streifens Pressluft geblasen und so die Matrizen für die einzelnen Buchstaben ausgewählt. Diese wurden zwar einzeln gegossen, verließen aber trotzdem als komplette Druckzeile die Maschine.

Der Lesestoff der Zukunft

Obwohl die Verlage jedes Jahr auf den Buchmessen eine Fülle neuer Titel vorstellen, verliert das Buch als Informationsträger an Bedeutung. Zeitschriften und die elektronischen Medien laufen ihm den Rang ab: Anfang des 20. Jahrhunderts griffen Radio und Kino die Stellung des Buches an, später kamen Fernsehen und Internet hinzu.

Bereits in den Sechzigerjahren sagte der Visionär Marshall McLuhan das Ende der Gutenberg-Galaxis voraus. Inzwischen bieten viele Verlage vor allem Sachbücher auch als „eBooks“, als digitale Texte, an. Wer es lieber klassisch mag, der kann sogar umsonst lesen: 70 Jahre nach dem Tod eines Autors können seine Texte frei verbreitet werden – über das Internet beispielsweise.

Die bekannteste digitale Bibliothek ist das „Project Gutenberg“ , das der Amerikaner Michael Hart 1971 ins Leben rief. Auf über 15 000 Werke in verschiedenen Sprachen ist die Online-Bücherei inzwischen angewachsen. Doch Harts Community-Projekt hat mächtige Konkurrenz bekommen. Google, der Primus der Web-Suchmaschinen, scannt Bestände unter anderem aus den Bibliotheken der Universitäten Harvard, Stanford und Oxford sowie der New Yorker Public Library und stellt sie im Web zur Verfügung.

Aber wer will schon Jean Pauls „Titan“, Karl Mays „Winnetou“ oder Christoffel von Grimmelshausens „Abenteuerlicher Simplicissimus“ auf dem Computerbildschirm lesen? Ein schönes Buch verlangt nach einem bequemen Sofa. Ganz klar: Das digitale Buch braucht kleine, handliche Geräte.

Schon Mitte der Neunzigerjahre tauchte das erste Lesegerät für digitale Bücher, das Rocket eBook, auf dem Markt auf. Äußerlich ähnelte das Elektrobuch einem PDA (Persönlicher Digitaler Assistent). Doch im Gegensatz zu diesen vielseitigen Geräten zeigte das Rocket eBook nur Texte an. Dabei gab es praktische Zusatzfunktionen wie eine Volltextsuche oder ein integriertes Wörterbuch. Immerhin reichte der Speicher für rund 4000 Seiten. Doch richtig Fuß fasste der digitale Bücherspeicher nicht.

2004 brachte Sony in Japan dann ein digitales Buch namens Librié EBR-1000EP mit einer neuen von der MIT-Ausgründung E-Ink und dem niederländischen Elektronikkonzern Philips gemeinsam entwickelten Bildschirmtechnologie auf den Markt. „Electronic Ink“ („elektronische Tinte“) heißen die neuen Displays. Sie sind nicht einmal einen halben Millimeter dick und biegsam. Philips hat den Prototypen eines Lesespeichers vorgestellt, der sich wie eine Schriftrolle zusammenrollen lässt. Die Flexibilität macht diese neue Bildschirmtechnologie vielfältig einsetzbar: Im Frühjahr 2005 etwa präsentierte der japanische Elektronikkonzern Seiko eine formschöne Armbanduhr mit einem gebogenen Zifferblatt aus elektronischem Papier.

Wie Schreibtinte besteht die digitale Tinte aus winzigen Farbpigmenten, die durch elektrische Ladungen zu Buchstaben und Satzzeichen angeordnet werden. Die schwarzen und weißen Pigmente schwimmen in kleinen Zellen, die mit einer leitfähigen Flüssigkeit gefüllt sind. Die Zellen befinden sich zwischen zwei hauchdünnen Folien, von denen eine mit einem dichten Netz aus unsichtbaren Leiterbahnen überzogen ist. Werden diese unter Spannung gesetzt, bewegen sich die Pigmente an die Oberfläche und bilden schwarze oder weiße Flächen.

Das Konzept eines Bildschirms aus kleinen Pigmenten entstand bereits in den Siebzigern in der Ideenschmiede des Kopiererherstellers Xerox, dem Palo Alto Research Center (Xerox PARC). Das eigens für die neuen Displays ausgegründete Unternehmen Gyricon hat sich auf Schilder und Infotafeln spezialisiert. Praktisch sind Preisschilder aus E-Papier für Supermarktregale, auf die die Zentrale drahtlos die aktuellen Preise laden kann.

In der Auflösung ist die elektronische Tinte der echten noch unterlegen. Der Librié-Bildschirm hat eine Auflösung von 170 dpi („dots per inch“ – Bildpunkte pro Zoll) und ist damit zwar schon besser als ein durchschnittlicher PC-Monitor mit etwa 70 bis 100 Bildpunkten. Doch das reicht nicht an die Auflösung eines gedruckten Buchs heran, das auf über 2500 dpi kommt. Texte – vor allem lange – am Bildschirm zu lesen, ist daher immer noch unbequemer und anstrengender als auf Papier. Das Auge ermüdet schneller, die Aufmerksamkeit lässt früher nach.

Vorteil der elektronischen Tinte gegenüber einem herkömmlichen PDA mit Flüssigkristall-Bildschirm ist der geringere Stromverbrauch: Das Display zeigt die aktuelle Seite auch dann noch an, wenn die Transistoren nicht mehr unter elektrischer Spannung stehen. Zudem kommt es ohne Hintergrundbeleuchtung aus. Rund 10 000 Seiten, verspricht Hersteller Sony, kann man auf dem Librié mit einem Satz Batterien umblättern.

Ein gutes Buch ist und bleibt der ideale Begleiter in vielen Lebenslagen. Denn egal ob auf Papier oder am Bildschirm – eines hat sich über die Jahrtausende nicht verändert: Der kreative Prozess findet weiter im Kopf von Autor und Leser statt. ■

Werner Pluta

Ohne Titel

Einige Experten nennen die Technologie des Buchdrucks Gutenberg-Galaxis. Doch eigentlich müsste sie Bi-Galaxis heißen, denn der chinesische Erfinder Bi Sheng hatte bereits um das Jahr 1040 eine Drucktechnik mit beweglichen Lettern entwickelt. Er fertigte die Lettern aus Ton und befestigte sie mit Wachs in einer Eisenform.

Dass im Fernen Osten Bis Erfindung nicht dieselbe Medienrevolution auslöste wie im Westen, hat mit der Eigenheit der chinesischen Schrift zu tun. Sie besteht nicht aus einer übersichtlichen Zahl von Buchstaben, sondern aus mehreren Tausend Schriftzeichen: 3000 gelten als gebräuchlich, Intellektuelle beherrschen 8000. Chinesische Drucker brauchen daher einen umfangreichen Setzkasten. Dennoch legten sie Anfang des 18. Jahrhunderts die „Sammlung von Tafeln und Schriften aus alter und neuer Zeit“ („Gujin tushu jicheng“) auf – ein Mammutwerk, das knapp 10 Millionen Schriftzeichen in 5020 Bänden umfasste. Die ersten wichtigen erhaltenen Werke, die mit beweglichen Lettern gedruckt wurden, stammen aus dem frühen 15. Jahrhundert aus Korea. Die koreanische Buchstabenschrift eignet sich besser als die chinesische Schrift für diese Drucktechnik.

Häufiger war in China der Blockdruck, den man dort seit dem 8. Jahrhundert kannte. Experten haben Texte aus den Grotten von Dunhuang in Westchina, die mit diesem Verfahren gedruckt wurden, auf die Mitte des 8. Jahrhunderts datiert. 100 Jahre später war der Blockdruck weit verbreitet im Reich der Mitte. Eine blühende Druckindustrie stellte hochwertige Werke in Millionenauflage her. Im 10. Jahrhundert schnitzten Buchdrucker Druckstöcke für die wichtigsten Klassiker der chinesischen Literatur und den gesamten buddhistischen Kanon. Der besteht immerhin aus 1076 Werken, für die 130 000 doppelseitig geschnitzte Druckstöcke benötigt wurden. Der Blocksatz verlor in China erst im 19. Jahrhundert mit der Einführung der mechanisierten Druckverfahren an Bedeutung.

Im Gegensatz zum Westen druckten Chinas Buchmacher bereits im 1. Jahrhundert auf Papier, das aus dem Bast des Maulbeerbaums hergestellt wurde – Papier aus Seide oder Hanf war schon vor der Zeitenwende bekannt. Spätestens im 2. Jahrhundert war Papier in China ein alltägliches Gebrauchsmaterial, aus dem Taschentücher hergestellt wurden. Als das Papier über Arabien und das damals islamische Spanien im 12. Jahrhundert endlich in Europa ankam, zahlten die Chinesen schon seit einem guten Jahrhundert mit Papiergeld, das im Blockdruck hergestellt wurde.

Ohne Titel

Information muss frei sein, lautete das Credo der Internet-Pioniere. Warum nicht also auch Bücher, fragte sich der amerikanische Programmierer Ron Hornbaker und erfand das Bookcrossing. Bücher sollen, so seine Idee, nach der Lektüre nicht im Regal verschwinden, sondern auch anderen zugänglich gemacht werden.

Allerdings werden sie nicht einfach an andere Leser weitergegeben, sondern „in der Wildnis ausgesetzt“. Der Bookcrosser registriert das Buch auf einer Website (Adressen: www.bookcrossing.com oder www.bookcrossers.de) und gibt dort auch bekannt, wann und wo er es deponiert: zum Beispiel einen Band mit Karikaturen von Loriot in einer Kneipe in Lüneburg, einen vegetarischen Restaurantführer in einem Londoner Vorortzug oder einen Krimi in einem Lissaboner Park.

In jedem Buch klebt ein Etikett – das im Internet heruntergeladen werden kann – mit dem Registrierungscode und der Aufforderung an den Finder, den Fund auf der Website zu melden. So kann die Gemeinde den Weg des Buches verfolgen. Allerdings sind nicht alle Reiserouten so gut dokumentiert wie die eines italienischen Gedichtbands, der in zwei Jahren gleich mehrfach den Globus umrundete.

Die Gemeinde der Bookcrosser hat seit ihrer Gründung 2001 zahlreiche Anhänger gefunden: Weltweit sind rund 350 000 Mitglieder registriert, in Deutschland gibt es derzeit immerhin 22 000 Bookcrosser. Selbst in der Eiswüste der Antarktis wurden schon Bücher ausgesetzt – auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass sich dort jemand auf die Suche danach macht, gering sein dürfte.

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