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Gibt es eine "magische Welt" jenseits der Quantenmechanik?

Astronomie|Physik Technik|Digitales

Gibt es eine "magische Welt" jenseits der Quantenmechanik?
Mit dem Ausspruch „Gott würfelt nicht“ drückte Albert Einstein aus, was er von der Quantenmechanik hielt. Zeit seines Lebens konnte Einstein sich nicht damit abfinden, dass die Quantenmechanik über das Verhalten von physikalischen Teilchen nur Wahrscheinlichkeitsaussagen macht. Antony Valentini vom Imperial College in London vertritt jetzt eine Theorie, derzufolge es kurz nach dem Urknall eine exakt berechenbare Welt ohne „Quantenrauschen“ gab, wie der New Scientist in seiner aktuellen Ausgabe berichtet. Die von den Astronomen gesuchte Dunkle Materie könnte aus dieser „magischen Welt“ übrig geblieben sein.

Ob allerdings Einstein mit Valentinis Theorie glücklich geworden wäre, darf bezweifelt werden. Denn sie stellt das Grundpostulat von Einsteins Spezieller Relativitätstheorie in Frage. Dieses Postulat besagt, dass es nicht möglich ist, Informationen mit Überlichtgeschwindigkeit zu verbreiten.

Einstein selbst hatte zusammen mit seinen Kollegen Rosen und Podolsky bereits im Jahr 1935 erkannt, dass die Quantenmechanik eine „nichtlokale“ Theorie ist. Die drei Physiker hatten ausgerechnet, dass ? vorausgesetzt, die Quantenmechanik hat Recht ? es möglich ist, zwei physikalische Teilchen so miteinander zu „verschränken“, dass sie sich wie zwei telepathisch begabte Zwillinge verhalten: Ändert man den Zustand eines der beiden beliebig weit voneinander entfernten Teilchen, dann ändert sich simultan – nicht durch eine Übertragung mit Lichtgeschwindigkeit beschränkt – auch der Zustand des anderen Teilchens.

Für Einstein war das ein weiteres Argument dafür, dass die Quantenmechanik falsch oder zumindest unvollständig sein müsse. Dabei blieb Einstein noch das Schlimmste erspart, nämlich die Verletzung seiner Speziellen Relativitätstheorie. Denn mittels verschränkter Teilchen ist es nicht möglich, Informationen zu übertragen. Das würde voraussetzen, dass man den Zustand des ersten Teilchens kennt. Doch in dem Moment, in dem man ihn durch eine Messung bestimmt, zerstört man die Verschränkung. Eine Informationsübertragung mit Überlichtgeschwindigkeit kommt demnach nicht zustande.

Das ist anders in Valentinis Theorie. Valentini geht wie Einstein davon aus, dass die Quantenmechanik unvollständig ist und das es jenseits der Wahrscheinlichkeitsaussagen der Quantenmechanik eine exakt berechenbare Welt gibt. Seine Theorie ist eine Weiterentwicklung der de-Broglie-Bohm-Theorie, die 1927 von Louis de Broglie eingeführt und 1952 von David Bohm weiter ausgebaut wurde. In dieser Theorie werden die exakten Positionen der Teilchen als zusätzliche „versteckte Variablen“ eingeführt. Wären uns diese Variablen bekannt, dann müssten wir uns nicht mit der Angabe von Wahrscheinlichkeiten zufrieden geben, sondern könnten das Verhalten der Teilchen exakt berechnen.

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Dass wir nicht dazu in der Lage sind, diese versteckten Variablen zu messen, liegt nach Valentini am „Quantenrauschen“. Dieses Rauschen ist dafür verantwortlich, dass das Verhalten der Teilchen nicht mehr exakt berechenbar ist, sondern nur noch den Wahrscheinlichkeitsaussagen der Quantenmechanik gehorcht.

Valentini glaubt, dass das Quantenrauschen „erst“ eine Zehnbillionstel Billiardstel Billiardstel Sekunde nach dem Urknall durch die Wechselwirkung von Teilchen untereinander erzeugt wurde. Vor dieser Zeit muss die Welt „magisch“ gewesen sein. Denn ohne Quantenrauschen kommt die Nichtlokalität der Quantenmechanik voll zur Geltung: Eine Messung zerstört nicht mehr die Verschränkung zwischen Teilchen und Informationen können demzufolge mit Überlichtgeschwindigkeit übertragen werden.

Teilchen aus dieser magischen Welt könnten sogar bis heute überlebt haben, wenn sie seit damals keine Wechselwirkung mit einem anderen Teilchen hatten. Valentini hält es für möglich, dass die von den Astronomen gesuchte Dunkle Materie, die sich nur aufgrund ihrer Gravitationswirkung bemerkbar macht, aus solchen nicht-quantenmechanischen Teilchen besteht. „Es könnte sogar so sein, dass die gewöhnliche, der Quantenmechanik gehorchende Materie nur ein kleiner Bestandteil des Universums ist“, sagt Valentini.

Wenn Valentini Recht hat, dann müsste sich das nicht-quantenmechanische Verhalten der frühen Teilchen in die kosmische Hintergrundstrahlung „eingebrannt“ haben und noch heute nachweisbar sein. Valentini hofft darauf, dass die NASA-Sonde MAP möglicherweise schon nächstes Jahr eine Antwort liefert.

Axel Tillemans
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