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Laserwaage nimmt "Fingerabdruck" von Zügen

Technik|Digitales

Laserwaage nimmt "Fingerabdruck" von Zügen
Rund 100 Züge am Tag brausen an dem beschaulichen Bahnhof Großen-Linden bei Gießen vorbei, mit rund 3.200 Achsen und 6.400 Rädern. Wenn auch nur eines von ihnen eine winzige Macke aufweist, wird es sofort bemerkt. Am Rand der Gleise nämlich klemmt ein unscheinbares Messgerät, das jede Unregelmäßigkeit binnen Sekunden registriert: eine etwa vierzig Zentimeter lange Metallröhre mit zwei kleinen Kästchen. Die hochsensible Laserwaage ist der Schlüssel zu einem sichereren und leiseren Schienenverkehr.

Seit mehreren Monaten testet die Wormser Erfinderfirma Innotec ihre „Lawa 2000“ zusammen mit der Deutschen Bahn am Gleis auf der Strecke Kassel-Frankfurt/Main. „Jetzt sind wir endlich so weit, dass wir von jedem Zug, der drüberfährt, den Fingerabdruck nehmen können“, sagt Innotec-Prokurist Siegfried Pieper. Firmenchef Franz Rottner und er haben die Lawa erfunden.

Kontinuierlich und für jeden Sekundenbruchteil zeichnet die Waage auf, welche Kräfte auf sie wirken. Braust ein Zug darüber, erscheinen auf dem angeschlossenen Computer sofort Kurven und Tabellen. Über jedes einzelne Rad geben sie Auskunft. Ist eines bedenklich abgefahren, kann der Computer seine Werte automatisch rot anzeigen.

Doch die Waage kann noch mehr: „Sogar Getriebeschäden können wir erkennen, oder ob ein Güterzug ungleichmäßig beladen ist“, sagt Frank Müller-Boruttau, der Innotec als Sachverständiger des Eisenbahnbundesamtes berät. „Wenn ein Zug über die Waage fährt, fährt er damit jedes Mal durch eine Inspektion.“ Selbst ICEs kann sie nach Angaben der Hersteller erfassen, bis zu einer Geschwindigkeit von 350 Kilometern pro Stunde.

Das Prinzip ist einfach: Ein Laserstrahl trifft in dem Messgerät auf eine Reihe hoch empfindlicher Sensoren. Jede noch so minimale Verbiegung der Gleise, die durch Druck ausgelöst wird, lenkt den Laserstrahl von seinem ursprünglichen Ziel ab, oft nur um Millionstel Millimeter. Selbst so eine winzige Abweichung aber können die Sensoren registrieren: Auf nur zwei Millimetern Strecke sind in dem Gerät zweieinhalb Millionen Signale untergebracht. Schon wenn jemand mit bloßer Hand auf eine Schiene drückt, zeigt der zugehörige Computermonitor deutlich einen Ausschlag.

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Das Interesse an der Wormser Laserwaage ist groß: Außer mit der DB Netz AG, die für das Schienennetz der Deutschen Bahn verantwortlich ist, stehen die Rheinland-Pfälzer auch mit Siemens und mit mehreren Verkehrsbetrieben in Kontakt. Für leisere Straßenbahnen könnte das Gerät dort beispielsweise sorgen: Laute Räder könnten schnell gefunden und ohne lange Suche in der Werkstatt gezielt ausgewechselt werden. Selbst die Österreichische Bundesbahn hat ihren Blick nach Worms gerichtet. Sie überlege, die Räder ihrer Waggons bei Lastwagentransporten überwachen zu lassen, berichten die Lawa- Erfinder.

Für die DB Netz AG ist die Laserwaage ein „innovatives Produkt“ – vor allem, weil sie als einzige mobil sei, sagt Unternehmenssprecher Hans-Georg Kusznir. Binnen Stunden kann die Waage ohne Unterbrechung des Verkehrs montiert werden. Für die Instandhaltung des Schienennetzes solle das Gerät voraussichtlich eingesetzt werden, sagt Kusznir – aber wie, das sei noch unklar: Mehrere Monate müsse das Unternehmen noch in Tests „ermitteln, wie aus Sicht der Instandhaltung die gewonnenen Daten zu bewerten sind.“

Ganz genau weiß nach Angaben Müller-Boruttaus noch niemand, welche Flachstellen an Rädern die Schienen wie schädigen können. „Wenn aber ein Güterzug sehr schlechte Räder hat, nutzt er die Gleise unter Umständen so sehr ab wie hundert Güterzüge mit intakten Rädern“, sagt der Baudynamiker. Langfristig lasse sich mit einem System wie der Laserwaage sogar der Trassenpreis nach dem Verursacherprinzip gestalten, nach Transportgewicht und Qualität der Güterzüge.

Ingrid Krämer (dpa)
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