Dabei werden den Sprachen zwei Eigenschaften zugeordnet. Erstens der prozentuale Bevölkerungsanteil, der die jeweilige Sprache spricht und zweitens das soziale Ansehen der Menschen, die diese Sprache sprechen. Es gilt: Je mehr Menschen eine Sprache sprechen und je höher der soziale Status der Sprache, desto größer sind ihre Chancen, sich gegenüber einer konkurrierenden Sprache durchzusetzen.
Die beiden Mathematiker überprüften ihr Modell in 42 Regionen, unter anderem in Schottland, Wales, Bolivien und Irland. Ein besonders drastisches Beispiel fanden sie in Huanuco in Peru. Dort konkurriert die Indianersprache Ketschua mit Spanisch. Ketschua wird zwar noch von vielen Menschen gesprochen, aber das soziale Ansehen dieser Sprache ist so gering, dass ein rapider Wechsel zum Spanischen hin eingesetzt hat. Die Folge: Viele Kinder können sich nicht mit ihren Großeltern verständigen.
Das Modell von Strogatz und Abrams lässt wenig Grund zur Hoffnung auf eine verbleibende Sprachenvielfalt. Ihre Gleichungen lassen kein stabiles Gleichgewicht zwischen zwei Sprachen zu. Das heißt, wenn in einer Region zwei Sprachen miteinander konkurrieren, dann wird unweigerlich eine der beiden die andere ganz verdrängen. Aufhalten könnten diesen Prozess lediglich äußere Einflüsse wie beispielsweise staatliche Rettungsmaßnahmen.