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Mensch und Materie sind Geschöpfe einer "Anomalie"

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Mensch und Materie sind Geschöpfe einer "Anomalie"
Physiker hatten jahrzehntelang ein gewaltiges Problem: In ihren Theorien zum Ursprung des Universums war eigentlich kein Platz für Materie. Zum ersten Mal seit 37 Jahren hat ein internationales Forscherteam nun neue Beweise dafür gefunden, dass unsere Welt ihre Existenz einer physikalischen „Anomalie“ verdankt.

An dem Großprojekt BABAR sind auch die Universitäten in Dresden, Rostock und Bochum beteiligt. Durch ihre zweijährigen Messungen am Teilchenbeschleuniger SLAC der Stanford Universität (USA) erweitern die Physiker eine frühere Entdeckung, nach der sich Materie und Antimaterie unterschiedlich verhalten können. Die neuen Beobachtungen erscheinen am kommenden Montag im Fachblatt „Physical Review Letters“.

Beim Urknall vor etwa 12 bis 14 Milliarden Jahren breiteten sich Materie und Antimaterie in Sekundenbruchteilen aus, erläutert Klaus Schubert, Professor für Teilchenphysik an der Technischen Universität Dresden. Die weithin akzeptierte Urknall-Theorie besagt, dass damals genau gleich viele Teilchen und Anti-Teilchen entstanden sind. Das Problem: Beide löschen sich in einem Strahlungsblitz gegenseitig aus und gehen so vollkommen in Licht auf. Offenbar lief etwas schief in der Geburtsstunde des Weltalls, meint daher Schubert. Statt ewigen Lichts traten Galaxien, Sternhaufen und Planeten und viel später dann unter anderem auch der Mensch auf den Plan.

Des Rätsels mögliche Lösung entdeckten Forscher 1964 bei der Beobachtung eines seltenen, sehr instabilen Partikels. Entgegen den Erwartungen zerfiel das „K-Meson“ bei hoher Energiezufuhr nicht exakt auf die gleiche Weise wie sein Antimaterie-Pendant, das „Anti-K- Meson“. Verantwortlich dafür ist eine kleine physikalische Anomalie. Für diese Entdeckung bekamen die US-Physiker James Cronin und Val Fitch 1980 den Physiknobelpreis.

Die Anomalie könne womöglich erklären, warum sich Materie und Anti-Materie nach dem „Big Bang“ nicht gegenseitig aufhoben, sagt Schubert. Die mehr als 500 an BABAR beteiligten Wissenschaftler aus neun Ländern haben diese Unregelmäßigkeit nun zum ersten Mal auch bei anderen Teilchen nachgewiesen.

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„Wir haben im Grunde genommen den Urknall simuliert“, sagt Schubert. Die Wissenschaftler brachten dafür in einem drei Kilometer langen Teilchenbeschleuniger Elektronen nahezu auf Lichtgeschwindigkeit. Diese elementaren Materie-Teilchen kollidierten dann mit ihren Gegenstücken – den Positronen. Bei diesem „Mini- Urknall“ konnte erstmals das äußerst schwer zu erzeugende „B-Meson“ beobachtet werden. Die Entdeckung: Auch dessen Gegenstück, das „Anti- B-Meson“, zerfällt auf etwas andere Art und Weise. Bei einem vergleichbaren Experiment in Japan wurde ebenfalls diese Anomalie beobachtet. Diese Ergebnisse erscheinen in derselben Ausgabe von „Physical Review Letters“.

Die Ergebnisse passen zwar sehr gut in das vorhandene Theorie- Gebäude der Physik, das so genannte Standard-Modell, sagt Roland Waldi von der Universität Rostock. Für den riesigen Materieüberschuss im Universum sei der beobachtete Effekt aber zu schwach. „Es muss noch eine uns unbekannte Kraft geben, die das Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie beim Urknall erklärt“, sagt Schubert. Die hoffen die Forscher, mit ihren Experimenten in den nächsten 10 bis 15 Jahren zu finden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie dabei sogar auf ein neues Naturgesetz stoßen, dass die Grenzen der herkömmlichen Physik sprengt. „Das wäre nobelpreisverdächtig“, meint Schubert.

dpa
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