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Nachbau eines Mythos

Technik|Digitales

Nachbau eines Mythos
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Stradivari im Palacio Real in Madrid. Foto: Håkan Svensson, Wikipedia
Bis zum letzten Kratzer und Wurmloch haben US-Forscher eine über 300 Jahre alte Stradivari-Geige kopiert. Das kostbare Original hatte seine Feinstruktur in einem Computertomografen (CT) preisgegeben. So erhielten die Wissenschaftler dreidimensionale Schnittaufnahmen, aus denen sie dann ein exaktes Computermodell der Stradivari entwickeln konnten, das den Nachbau ermöglichte. Der Radiologen Steven Sirr aus Mora in Minnesota und seine Kollegen präsentierten das fertige Instrument nun auf der Jahrestagung der Radiological Society of North America in Chicago. Ob das Duplikat allerdings auch im Klang dem Original entspricht, müssen Vergleiche erst noch zeigen. Denn was den Stradivari-Geigen ihr einzigartiges Timbre verleiht, dafür gibt es zwar viele Theorien, aber bisher keine eindeutige Erklärung.

Die über 300 Jahre alten Instrumente des Geigenbaumeisters Antonio Giacomo Stradivari (1648 – 1737) sind berühmt für ihre brillanten Höhen und samtigen Töne in den Tiefen. Etwa 550 der Violinen sind erhalten, jede trägt ihren eigenen Namen. Die bekannte deutsche Geigerin Anne-Sophie Mutter besitzt beispielsweise gleich zwei Stradivaris, die ?Emiliani? und die ?Lord Dunn-Raven?. Die exklusiven Instrumente erzielen bei Versteigerungen spektakuläre Preise: Zuletzt wechselte eine Stradivari für über 3,5 Millionen US-Dollar den Besitzer. Reproduktionen von Stradivari-Geigen könnten für jungen Violonisten eine bezahlbare Alternative darstellen, sagen nun die Wissenschaftler. Außerdem könnten die Kopien helfen, herauszufinden, was die großen Diven unter den Geigen so besonders mache.


Video: Anne Sophie-Mutter spielt Beethoven auf einer Stradivari

Für die Kopie der Forscher stand die Geige mit dem Namen ?Betts Stradivarius? Modell. Die moderne Computertomografie ermöglichte es, das historische Instrument von 1704 zu analysieren, ohne es auseinanderzubauen oder gar zu zerstören. Mit großer Vorsicht erstellten die Forscher so mehr als tausend einzelne Schnittbilder der Geige. ?Violinen sind keineswegs nur simple Klangkörper aus Holz ? wie beim Menschen gibt es auch bei ihnen eine große Bandbreite von individuellen Variationen?, erklärt Sirr. Ein über 300 Jahre altes Instrument machen dabei winzige Risse, Wurmlöcher, Reparaturspuren sowie Veränderungen durch Umwelteinflüsse zu einem besonders einzigartigen Objekt.

Die CT-Aufnahmen, die diese Details widerspiegeln, konnten die Wissenschaftler am Computer in eine Art dreidimensionale Blaupause verwandeln. Auf Basis dieser Vorgabe fräste dann eine computergesteuerte Maschine genaue Replikate der Einzelteile der Violine aus unterschiedlichen Hölzern. Geigenbauer setzten sie dann zusammen, lackierten das fertige Instrument und gaben ihm den letzten Feinschliff, basierend auf den Details der CT-Bilder.

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Spezielle Feinstrukturen der legendären Geigen gelten schon lange als ein möglicher Ursprung ihrer Qualität. Es gibt Theorien, die besagen, dass das Holz, das der Meister beim Bau verwendete, ungewöhnlich dicht war. Andere vermuten, der Klangcharakter entstand durch geheimnisvolle Holzschutzmittel, mit denen Stradivari seine Instrumente gegen Holzwürmer schützen wollte. Was auch immer die Ursache war: Das Endprodukt ist eine Geige, die bei vielen Menschen Emotionen zum klingen bringt. Auch mit diesem Effekt haben sich schon Forscher beschäftigt. Die Schwingungsmuster der Stradivari-Geigen ähneln der menschlichen Stimme, zeigten Klanganalysen. Ihr Resonanzkörper verstärkt demnach stimmähnliche Frequenzen, die unseren Ohren besonders schmeicheln.

Steven Sirr (Mora, Minnesota) et al.: Beitrag auf der Jahrestagung der Radiological Society of North America, Chicago © wissenschaft.de ? Martin Vieweg
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