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Probefahrt im Cyber-Car

Technik|Digitales

Probefahrt im Cyber-Car
Virtual Reality, das Lieblingsspielzeug der Autobauer. Was als Verrücktheit verspielter Informatiker begann, mausert sich mittlerweile zum Wettbewerbsvorteil für Fahrzeughersteller. Virtual Reality hält Einzug – vom Aufspüren versteckter Designfehler bis zum attraktiven Gag für Verkaufsräume.

Mit fünf Jahren Erfahrung und dem praktischen Einsatz von mittlerweile über 70 installierten VR-Anwendungen ist die Arbeitsgruppe um Franz May führend. Schon 1992, „als noch niemand ahnte, daß VR eine ähnliche industrielle Bedeutung wie Computer Aided Design, CAD, bekommt“ (May), begannen bei Daimler-Benz die ersten VR-Projekte.

May ist eigentlich Spezialist für bilderkennende Systeme. Vor fünf Jahren sollte er für ein Zukunftsprojekt des Geschäftsfelds Raumfahrt in der Daimler-Tochter Dasa eine Fernsteuerung und ein Bilderkennungssystem entwickeln. Zu steuern galt es einen noch fiktiven Roboter, der auf der geplanten Raumstation Alpha während einer künftigen Marsmission eingesetzt werden sollte. Weil die Funkwellen rund sechs Sekunden bis zur Erde unterwegs sind, wäre eine herkömmliche Steuerung von der Erde aus viel zu langsam, hatten die Dasa-Entwickler erkannt.

May und seine Mitarbeiter lösten 1992 das Problem mit einem VR-System, das sie mit Fernsehbildern und Daten des Teleroboters fütterten. Auf der nur im Speicher des Computers existierenden, künstlichen Raumstation konnte der Roboter ohne Zeitverzögerung mit Datenhandschuh und Videohelm bedient werden. Wird das Projekt realisiert, brauchen die irdischen Roboter-Lenker die Steuerbefehle nur noch gebündelt ins All zu funken und verlieren nicht kostbare Zeit durch ein jedesmal sechs Sekunden dauerndes Hin und Her von Befehlen und Reaktionssignalen.

Parallel dazu – im Rahmen einer Grundlagenstudie – hatten die Ulmer Forscher Flugzeug-Simulatoren in realistische, länderspezifische Umgebungen integriert. May und seine beiden Mitarbeiter durften sich dazu eine 1,5 Millionen Mark teure Ausrüstung leisten, inklusive eines VR-Hochleistungsgrafikrechners von Silicon Graphics. Sie entwickelten eine Software, mit der aus zweidimensionalen Fotoserien im VR-System dreidimensionale Landschaften und Gebäude entstanden.

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Die Dasa nutzte die Studien gleich mehrfach: Airbus-Piloten trainieren heute mit diesem Simulator den Landeanflug und das Einparken auf fremden Flughäfen. Und: Die Münchener Fluglotsen wurden 1992 mit VR für den Umzug von Riem zum neuen Flughafen im Erdinger Moos geschult.

Ähnliche Kosten- und Wettbewerbsvorteile erwartet VR-Chef May auch für den Vertrieb. Mercedes-Niederlassungen haben heute bereits Platzprobleme, wenn sie die gesamte Modellpalette ausstellen wollen. Und die Anzahl der Modelle wird sich in den nächsten vier Jahren verdoppeln. Als Lösungsansatz entstand im Ulmer VR-Labor bereits ein „virtueller Showroom“. In solchen Stationen könnten die Kunden „ihr“ Modell mit beliebiger Ausstattung zusammenstellen und anschließend sogar eine virtuelle Probefahrt unternehmen.

Einzelheiten, wann und wie der Mercedes-Vertrieb mit VR starten wird, mag May „aus Konkurrenzgründen“ nicht nennen. Denn fest steht, daß die meisten anderen Autohersteller ebenfalls mit Hochdruck an VR-Präsentationen arbeiten. Auch Unternehmen in anderen Branchen erzielen bereits beachtliche Verkaufserfolge mit VR. So werden bei ABB in Mannheim Kunden von Stromproduzenten durch virtuelle Kraftwerke geführt. Der Möbelhersteller Voko richtet mit VR Büros ein. Künftige Eigner von Luxus-Yachten können bei der Lürsen-Werft virtuell an Bord gehen, bevor ihr Boot auf Kiel gelegt wird.

Sobald es Virtual-Reality-taugliche Heim-PC gibt, sieht May für sein Ulmer Team eine neue Aufgabe: „Dann sollen Mercedes-Kunden zu Hause ihr Wunschmodell aussuchen und gleich eine Probefahrt unternehmen.“

Hayo Koch
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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