Der Gruppe um Urban ist hier nun ein Durchbruch gelungen: Die Wissenschaftler arbeiten mit dem bislang weltweit einzigen so genannten „aberrationskorrigierten“ Transmissionselektronenmikroskop. Das Problem der „sphärischen Aberration“ tritt bei Licht- wie bei Elektronenmikroskopen gleichermaßen auf: Licht- beziehungsweise Elektronenstrahlen, die die Linsen des Mikroskops nahe dem Rand passieren, werden zu stark abgelenkt ? das Bild verschwimmt. Doch mit speziell geformten magnetischen Linsen können die Forscher diesen bisher unvermeidlichen Abbildungsfehler korrigieren.
Die Jülicher Forscher haben dem Elektronenmikroskop sozusagen eine Brille verordnet und so dessen Blick geschärft. Dieser Schritt erweist sich nun als außerordentlich erfolgreich: Er erlaubt nicht nur, erstmals den Sauerstoff atomar abzubilden, sondern man kann damit sogar den Sauerstoffgehalt in atomaren Dimensionen quantitativ messen.
Die neuartige Korrekturtechnik haben die Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich zusammen mit Kollegen vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg und von der Technischen Universität Darmstadt in den Neunzigerjahren entwickelt – und damit den Prototyp einer völlig neuen Generation von Mikroskopen geschaffen: So werden im Laufe dieses Jahres weltweit die ersten kommerziellen aberrationskorrigierten Elektronenmikroskope ausgeliefert. Urban ist überzeugt: „Dieses Verfahren wird auf vielen Gebieten der Materialforschung die klassische Art der hochauflösenden Elektronenmikroskopie ablösen.“