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Seegurke fürs Hirn

Technik|Digitales

Seegurke fürs Hirn
Ein neuartiger Kunststoff imitiert die Haut von Seegurken: Er ändert seine Elastizität, wenn er mit Wasser in Berührung kommt. Im trockenen Zustand ist das Material steif, im nassen hingegen weich und flexibel. Nach einem ähnlichen Prinzip können auch die auf dem Meeresboden lebenden Seegurken innerhalb von Sekunden ihre Haut versteifen. In Zukunft könnte der Kunststoff unter anderem für medizinische Implantate wie Hirnschrittmacher eingesetzt werden, glaubt das Entwicklerteam von der Case-Western-Reserve-Universität in Cleveland. Das Material soll die Verträglichkeit und die Effizienz der Elektroden verbessern, die beispielsweise Parkinsonpatienten oder Epileptikern eingesetzt werden, hofft der Forschungsleiter Jeffrey Capadona.

Bestimmte Seegurkenarten können die Elastizität ihrer Haut reversibel um den Faktor zehn verändern: Werden Sensoren im Gewebe der Stachelhäuter gereizt, so versteift sich ihre Haut. Auf diese Weise verteidigen sich die ansonsten relativ hilflosen Tiere gegen Fressfeinde. Den Forschern um Capadona ist es nun gelungen, diesen Effekt in einem künstlichen Material nachzuahmen. Dazu vermischten sie einen elastischen Kunststoff mit Nanofasern aus Zellulose, die aus der Haut von Manteltieren stammen, einem weiteren urtümlichen Meeresbewohner. Wird das so entstandene Material mit einer sulfathaltigen Lösung behandelt, das die Wechselwirkung der Nanofasern untereinander beeinflusst, kann es seine Elastizität sogar um das 40-fache verändern.

Gesteuert wird diese Veränderung durch den Kontakt mit Wasser: In wässriger Umgebung löst sich die Vernetzung der Fasern und der Kunststoff wird weich. Verdunstet die Feuchtigkeit wieder, bilden die Zellulosestränge erneut ein Netz, und das Material versteift sich wieder. Eine mögliche Verwendung für dieses Material sehen die Forscher in der Gehirnchirurgie. Seit einigen Jahren kommen dort Elektroden, die direkt in das Gehirn von Patienten eingepflanzt werden, bei der Behandlung von Parkinson-Kranken und Schlaganfall-Patienten zum Einsatz. Die Wirkung dieser Implantate lässt allerdings häufig innerhalb einiger Monate nach. Dafür könnte nach Ansicht der Forscher der Gegensatz zwischen harten Elektroden und weichem Gehirngewebe verantwortlich sein, der das Gehirn auf Dauer dazu bringt, die Elektroden in festes Narbengewebe einzuspinnen. Die Elektroden müssen jedoch eine gewisse Härte aufweisen, um während der Operation die feste Hirnhaut zu durchdringen.

Materialien wie der neue Kunststoff leisten beides, erklären die Forscher: Sie sind fest genug für die Implantation und werden an Ort und Stelle weich und flexibel wie das Hirngewebe selbst. Daher wollen die Wissenschaftler ihre künstliche Seegurkenhaut, die aktuell noch nicht die benötigte Festigkeit erreicht, in Zukunft weiter verbessern.

Jeffrey Capadona (Case-Western-Reserve-Universität, Cleveland) et al.: Science, Band 319, S. 1370 ddp/wissenschaft.de ? Markus Zens
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