Kern der Entdeckung ist die so genannte Bandlücke von nur 0,7 Elektronenvolt (eV). In der Fachliteratur war bislang fälschlicherweise ein Wert von 2 Elektronenvolt verzeichnet. Diese Bandlücke bestimmt, wie energiereich einfallendes Sonnenlicht sein muss, um einen Elektronenfluss und damit Solarstrom zu erzeugen.
Die Bandlücke von Indiumgalliumnitrid kann nun je nach Anteilen von Gallium und Indium verändert werden und damit optimal an das Sonnenspektrum angepasst werden. Je mehr Gallium in der Substanz enthalten ist, desto besser absorbiert es energiereiches Sonnenlicht bis in den ultravioletten Bereich. Nimmt dagegen der Anteil an Indium zu, werden die anderen Farben des Sonnenspektrums bis hin zum Infraroten absorbiert und in Strom umgewandelt.
Nun gilt es, mit mehreren Schichten aus diesem Material eine Solarzelle zu bauen, die theoretisch einen Wirkungsgrad von bis zu 70 Prozent aufweisen könnte. Allein mit zwei Schichten halten sie eine Effizienz von rund 50 Prozent für möglich, was einen neuen Weltrekord bedeuten würde.
„Heute liegt der Rekord für mehrschichtige Solarzellen bei einem Wirkungsgrad von rund 35 Prozent“, so Andreas Bett vom Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme ISE in Freiburg. „Die nun gemessene Bandlücke von nur 0,7 eV für Indiumgalliumnitrid ist für effektive Mehrschicht-Solarzellen von Bedeutung“, sagt Bett, „doch muss sicherlich noch viel Entwicklungsarbeit geleistet werden. Mit anderen Materialien wie Galliumindiumphosphid, Galliumarsenid und Germanium haben wir dagegen schon viel mehr Erfahrungen im Hinblick auf Solarzellenanwendung.“
Damit macht Bett deutlich, dass zwischen einem neuen Material und der fertigen Solarzelle noch viele Hürden überwunden müssen. So muss sich die Substanz gut in dünnen Schichten verarbeiten lassen, darf nicht zu leicht brechen, muss sich mit benachbarten Materialien „vertragen“ und sollte auch noch relativ günstig sein.
Die bisherige Erfahrung bei der Produktion von Solarzellen hat auch gezeigt, dass die theoretisch möglichen Wirkungsgrade nicht erreicht werden können. „Von dem theoretischen Wirkungsgrad lassen sich mit größerem Aufwand in der Praxis in der Regel 70 bis 80 Prozent erreichen“, sagt Gerhard Willeke, Leiter der Abteilung Solarzellen des Fraunhofer ISE. So bleibt der Wettlauf um die bestmögliche Solarzelle weiterhin offen.