Durch eine stark streuende Scheibe kann man normalerweise nicht schauen und nichts dahinter erkennen. Der niederländische Physiker Allard Mosk kann es aber. Sein Trick: Er durchleuchtet die Scheibe mit einem Laserstrahl und bringt den Gegenstand dahinter zum fluoreszieren. Der Teil des Fluoreszenzlichts, der auf die Scheibe zurückfällt wird auf der anderen Seite mit einer Kamera aufgenommen. Das Ergebnis ist zunächst ein völlig verrauschtes Bild, auf dem gar nichts zu erkennen ist. Wenn man den Gegenstand mit dem Laser aber aus verschiedenen Winkeln beleuchtet und die so entstandenen Bilder im Computer speichert, kann eine spezielle Software das Objekt rekonstruieren – wie bei einem Puzzle. Was zunächst nur wie eine Spielerei klingt, könnte Medizinern neue Diagnose-Verfahren ermöglichen. Da die Haut nämlich optisch ähnlich wirkt wie eine Streuscheibe, könnte man mit Mosks Technik tief in den Körper blicken und beispielsweise Hautkrebstumore in einem sehr frühen Stadium erkennen.
Aber auch Forscher in anderen Ländern arbeiten daran, quasi durch Wände gucken zu können – und kooperieren dabei mit Wissenschaftlern unterschiedlichster Disziplinen, etwa mit Oliver Bimber von der österreichischen Universität Linz. Der Leiter des Instituts für Computergrafik hat mit seinem Team einen neuartigen, biegbaren und transparenten Bildsensor entwickelt, der eine herkömmliche Linse überflüssig macht. Auch diesen Sensor sowie die anderen Verfahren, die einen bisher für undenkbar gehaltenen „Durchblick“ ermöglichen, stellt Vogel im Juli-Heft von bild der wissenschaft ausführlich vor und beschreibt ihre unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass hinter den neuen Ansätzen gar keine neue Physik steckt, sondern dass mittlerweile einfach nur die technischen Vorraussetzungen erfüllt sind, um bekannte theoretische Konzepte in die Praxis umzusetzen – vor allem die inzwischen verfügbare hohe Rechenleistung von Computern.
Fazit: Der Comic-Held Superman mit seinem Röntgenblick ist keine Fiktion mehr, seine Fähigkeit ist inzwischen Realität geworden. Lassen Sie sich also im aktuellen Heft von bdw in eine ganz besonders bizarre Welt der Physik entführen. Garantiert keine Science-Fiction!