„Ob die negative Beurteilung auch für andere Arzneimittel zutrifft, wissen wir noch nicht“, schränkt Walter Haefeli, ärztlicher Direktor der Abteilung, das Ergebnis der Studie ein. In einer zweiten Studie wird nun die Arzneimittelinformation zu dem verschreibungspflichtigen Potenzmittel Viagra untersucht. Erste Ergebnisse legen nahe, dass auch hier die Qualität der Information zu wünschen übrig lässt.
Die Heidelberger Klinischen Pharmakologen untersuchten insgesamt 208 englischsprachige Websites zum Johanniskraut. Dessen Anwendung kann ohne die Beachtung bestimmter Informationen zu Komplikationen führen. „Johanniskraut beschleunigt den Abbau bestimmter Arzneimittel und kann dadurch ihre Konzentration und damit ihre Wirkung vermindern. Zum Beispiel kann es bei transplantierten Patienten, die das Medikament Ciclosporin einnehmen, zu Transplantatabstoßungen kommen“, erklärt Meret Martin-Facklam.
Bei ihrer Analyse zogen die Wissenschaftler einerseits formale Kriterien heran, wie Nennung der Autoren und des Datums. Andererseits überprüften sie die inhaltliche Qualität, das heißt ob die korrekte Anwendung für Johanniskraut, nämlich Depressionen, und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, beispielsweise orale Verhütungsmittel, und deren Konsequenzen erwähnt wurden.
„Nur 22 Prozent der Websites gaben an, dass die einzige wissenschaftlich belegte Indikation für Johanniskraut die Depression ist,“ sagt Martin-Facklam. „Ebenfalls 22 Prozent erwähnten wenigstens eine Wechselwirkung, nur zwei Seiten haben eine praktisch vollständige Liste der möglichen Wechselwirkungen aufgelistet.“
Das Internet ist mittlerweile eine der wichtigsten Informationsquellen zu allen Fragen der Gesundheit. Problematisch ist nach wie vor die Qualität der Informationsangebote, da es keinerlei Kontrolle der eingespeisten Information auf Vollständigkeit, Einseitigkeit und Mängel gibt. Zwar können sich Anbieter freiwillig bestimmten Auflagen unterwerfen, die von nationalen wie internationalen Organisationen erarbeitet worden sind, zum Beispiel im sogenannten „E-Health Code of Ethics“. Sie fordern klare Angaben zu allen Autoren, Informationsquellen sowie den Betreibern und der Finanzierung der Homepage. Doch haben sich diese bislang nicht als unverzichtbare Qualitätssiegel durchgesetzt.