Auch die Zugfestigkeit der Mini-Röhrchen ist rekordverdächtig: mindestens zehnmal größer als von Stahl, bei nur einem Sechstel von dessen Gewicht. „Diese außergewöhnlichen Eigenschaften gehen wohl auf den fast defektfreien Molekülbau zurück – ein nahezu perfekt gebauter Stoff“, vermutet Wagner. Er ist Werkstofforscher am Weizmann-Institut in Rehovot, nahe Tel Aviv. 1996 gelang ihm das Kunststück, die Leitfähigkeit und Steifigkeit einer einzelnen Nanoröhre zu messen.
Zusammen mit seinem Institutskollegen Reshef Tenne grübelt er neuerdings über die vermuteten Eigenschaften eines futuristischen Verbundmaterials nach: Kohlenstoff-Nanoröhren als Faserkomponente – eingebettet in eine Matrix aus Kunststoff.
Faserverstärkte „Komposite“ haben schon in den siebziger Jahren in die Luft- und Raumfahrt Einzug gehalten – üblicherweise dienten hier Glasfasern oder Kohlefasern als versteifende Komponenten für federleichte, aber äußerst formfeste Materialien. Die bislang verwendeten Kohlefasern („Carbonfasern“) sind allerdings einige Millimeter lang und mindestens zehn Mikrometer stark – ein Größenunterschied zu den Nanoröhren wie etwa zwischen Mammutbaum und Strohhalm. Mammutbaum und Strohhalm
Der Vergleich hinkt allerdings insofern, als die „Strohhalme“ offenbar zu den steifsten Materialien im Universum gehören. So liegt der Gedanke nahe, Kohlenstoff-Nanoröhren als Faserkomponente neuartiger Verbundwerkstoffe einzusetzen – weit gewichtsparender und stabiler als alles, was es bislang gegeben hat. Zuvor müssen die Forscher allerdings dreierlei fertigbringen:
– ein kompatibles Matrixmaterial finden, mit dem Nanoröhren sich fest verbinden, – Nanoröhren von Zentimeter- oder gar Meterlänge herstellen lernen, -die Herstellungskosten für Nanoröhren um mindestens den Faktor 10000 senken. Denn erst bei Preisen von wenigen Mark pro Kilogramm ist ein großtechnischer Einsatz in Verbundwerkstoffen vorstellbar.