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Zu wenig Wasser für die Stromproduktion

Erde|Umwelt Technik|Digitales

Zu wenig Wasser für die Stromproduktion
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Kraftwerke benötigne Wasser - doch das wird knapp (Foto: itographer/ thinkstock)
Der Klimawandel könnte in Zukunft unsere Stromerzeugung empfindlich treffen. Denn ein Großteil der Kraftwerke weltweit ist auf ausreichend Wasser zur Kühlung und zum Betrieb angewiesen. Doch dieses könnte schon ab den 2020er Jahren durch sommerliche Hitzewellen knapp werden oder zu warm sein. Wie Forscher errechneten, werden dadurch bis 2050 rund 80 Prozent aller thermischen Kraftwerke von Leistungseinbußen von bis zu zwölf Prozent betroffen sein.

Rund 98 Prozent des weltweiten Strombedarfs werden zurzeit von Wasserkraft und thermischen Methoden gedeckt, darunter Kernkraft, aber auch die Verbrennung von Biomasse oder fossilen Brennstoffen wie Kohle und Erdgas. „Diese stromerzeugenden Technologien jedoch sind in hohem Maße von der Verfügbarkeit von Wasser abhängig“, erklären Michelle van Vliet von der Universität Wageningen und ihre Kollegen. Bei Wasserkraftwerken liegt dies nahe, aber auch thermische Kraftwerke benötigen Wasser für ihre Kühlung. Ist dies zu spärlich vorhanden oder zu warm, bleibt den Stromerzeugern oft nichts Anderes übrig, als ihre Produktion zu drosseln. Dies war in Deutschland und anderen europäischen Staaten in mehreren besonders heißen Sommern der letzten Zeit der Fall, darunter dem Rekordsommer von 2003, aber auch 2006 und 2009. Denn bei Wassertemperaturen oberhalb von 23 Grad oder bei zu niedrigen Wasserständen in den Flüssen dürfen Kraftwerke in Europa aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur noch begrenzte Mengen Kühlwasser aus Gewässern entnehmen oder einleiten.

Wenn die Kühlung ausbleibt

Doch durch den Klimawandel werden künftig Hitzeperioden wie zuletzt im Sommer 2015 bei uns häufiger auftreten. Viele Regionen der Erde müssen zudem durch zunehmende Trockenheit mit schwindenden Wasserressourcen rechnen. Gleichzeitig aber wird sich der Bedarf an Wasser für die Stromerzeugung nicht verringern – im Gegenteil: „Der globale Wasserverbrauch für die Stromproduktion soll sich den Prognosen nach innerhalb der nächsten vier Jahrzehnte verdoppeln“, so die Forscher. Denn die wachsende Weltbevölkerung und das Wirtschaftswachstum erhöhen den Bedarf an elektrischer Energie. Van Vliet und ihre Kollegen haben nun mit Hilfe eines Computermodells ermittelt, wie sich der Klimawandel auf die Stromproduktion der nächsten Jahrzehnte auswirken wird. Dafür kombinierten sie eine Simulation der Wasserverfügbarkeit und Wassertemperatur bei verschiedenen Klimawandelszenarien mit einem Modell, das die resultierenden Drosselungen für 24.515 Wasserkraftwerke und 1.427 thermische Kraftwerke in aller Welt zeigt. Zusammen machen sie 78 Prozent aller Wasserkraft- und 28 Prozent aller thermischen Kraftwerke weltweit aus.

Das Ergebnis: Die Simulation zeigt, dass nicht alle Regionen gleichermaßen betroffen sind: Für rund ein Viertel der Landflächen nimmt die Wasserverfügbarkeit für Kraftwerke in den kommenden Jahrzehnten dank reichlicherer Niederschläge sogar zu, wie die Forscher berichten. Dies ist vor allem im hohen Norden und in Teilen der Tropen der Fall. Anders sieht es dagegen in den USA, Mitteleuropa, Südostasien und den südlichen Teilen von Australien, Afrika und Südamerika aus: Hier wird sich den Vorhersagen nach die Wassermenge in den Flüssen verringern. „Die meisten Wasserkraftwerke und thermischen Kraftwerke weltweit liegen in genau den Regionen, für die beträchtliche Rückgänge in den Durchflussmengen vorhergesagt sind“, sagen van Vliet und seine Kollegen. Gleichzeitig erhöhen sich in diesen Gebieten je nach Klimaszenario die Wassertemperaturen bis 2050 um 0,6 bis 1,2 Grad.

Einbußen – und Gegenmaßnahmen

Für die Stromerzeugung bedeutet dies: Schon in den 2020er Jahren könnte mangelnde Kühlwasser-Verfügbarkeit zu Einbußen in der thermischen Stromproduktion von 5,3 bis 5,8 Prozent führen, wie die Forscher ermittelten. Bei der Wasserkraft liegen den Berechnungen zufolge die Verluste bei bis zu 1,9 Prozent. Um 2050 erhöhen sich die Einbußen dann auf bis zu 12 Prozent bei thermischen Kraftwerken und 3,6 Prozent bei der Wasserkraft. „Von solchen Kapazitätseinbußen wären dann 61 bis 74 Prozent aller Wasserkraftwerke und 81 bis 86 aller thermischen Kraftwerke betroffen“, so van Vliet und ihre Kollegen.

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Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Maßnahmen sind möglich, die diese Verluste ausgleichen können – wenn sie rechtzeitig eingeplant und umgesetzt werden. Eine davon ist nach Angaben der Forscher der Umstieg von Kohle- auf Gaskraftwerke. Sie sind effizienter und benötigen für die gleiche Strommenge weniger Wasser zur Kühlung. Eine weitere Maßnahme ist die Einführung von Kühlkreisläufen, bei denen das Wasser mehrfach verwendet wird. „Das könnte die nutzbaren Kapazitäten der Kraftwerke so weit erhöhen, dass der Effekt des Klimawandels geringer ausfällt oder sogar ausgeglichen werden kann“, so die Forscher. Für thermische Kraftwerke in Küstennähe schlagen sie zudem vor, künftig ganz auf Meerwasser-Kühlung umzusteigen. Allerdings: Weil die Betriebszeiten für Kraftwerke in der Regel mehrere Jahrzehnte betragen und daher eher langfristig geplant werden muss, sollte nach Ansicht der Wissenschaftler möglichst schnell gehandelt werden. „Diese Anpassungs-Optionen sollten schon heute in die Planung eingehen, damit sie in den nächsten Jahrzehnten dann umgesetzt werden“, so van Vliet und ihre Kollegen.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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