„Unsere technische Innovation bringt nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische Vorteile“, erzählt der Geschäftsführer der Augsburger Firma Haindl Papier, Dr. Georg Holzhey. Er ist einer der Entwickler der extrem schnellen Papiermaschine mit der Kurzbezeichnung PM 3. Seit Juni ist die Maschine bei Haindl in Betrieb. Für die Entwicklung der PM 3 wurden Holzey und seine Kollegen Dr. Hartmut Wurster und Hans-Peter Hofmann für den deutschen Zukunftspreis nominiert.
Das besondere an der PM 3: Sie vereint alle Herstellungsschritte von Magazinpapier in einem ununterbrochenen Ablauf. Erstmals ist auch die Satinage, das Glätten des Papiers, in den zusammenhängenden Herstellungsprozess integriert und muss somit zwangsläufig in der gleichen Geschwindigkeit ablaufen wie die Gesamtproduktion des Papiers.
Die Entwicklung der PM 3 kostete insgesamt 800 Millionen Mark und dauerte 5 Jahre: Am Anfang stand die Entwicklungsarbeit mit den zwei weltweit führenden Herstellern von Papiermaschinen, den Firmen Voith und Valmet. Über internationale Patente trieb Haindl das Projekt, bis zur Inbetriebnahme der PM 3 im Juni 2000 weiter voran. Die Firma will damit die weltweite Kostenführerschaft für die Herstellung von leichtem, gestrichenem Papier („light-weight-coated“ LWC) Papier übernehmen. „Das Konzept der ununterbrochenen Papierherstellung ist mit Sicherheit zukunftsweisend“, meint dazu Gerhard Kotitschke, Technologie-Manager der Firma Voith, die den Großteil der Entwicklungsarbeit für die PM 3 leistete. Das bestätigt auch Kari Pantsu, Marketing Manager für Papiermaschinen bei Valmet. Die finnische Firma hat die PM 3 gebaut und seitdem bereits zwei ähnliche Maschinen in China verkauft.
Weniger beeindruckt von der PM 3 ist die Geschäftsleitung der Firma Stora Enso, ein direkter Konkurrent von Haindl in der Produktion von Magazinpapier: „Die Leistung von Haindl besteht vor allem darin die Entwicklungsarbeit für die PM 3 bei Voith und Valmet zu unterstützen und zu koordinieren“, so Enso. In der Papierherstellung geht es vor allem um die Marge. Deshalb sind immer nur kleine Verbesserungen der bewährten Herstellungsverfahren möglich. Enso gibt jedoch zu, dass Haindl in der PM 3 viele Verbesserungen auf einmal realisiert hat und meint: „Vor dieser unternehmerischen Risikobereitschaft haben wir Respekt. Wenn das alles funktioniert, dann Hut ab.“ Die Frage, ob Konkurrent Stora Enso selbst den Kauf einer ähnlichen Papiermaschine erwägt, bleibt indes unbeantwortet.
PM 3 ist für eine Jahresproduktion von 400.000 Tonnen ausgelegt. Sollte sie dieses Ziel erreichen, wäre sie die leistungsfähigste Papiermaschine der Welt und würde ältere Papiermaschinen um das vierfache übertreffen. Das erfordert jedoch eine Produktionsgeschwindigkeit von 1800 Metern Papier pro Minute, bei einer Bahnbreite von 9,6 Meter. „Seit wir die PM 3 im Juni in Betrieb genommen haben, schaffen wir schon eine Geschwindigkeit von 1525 Metern pro Minute“, erklärt Hartmut Wurster, Leiter des Geschäftsbereichs Magazinpapier. „Wir sind dabei die über 5000 Regelkreise aufeinander abzustimmen. So werden wir die Produktionsgeschwindigkeit von 1800 Metern pro Minute innerhalb der nächsten 3 Jahre erreichen. An einigen Tagen konnten wir schon bis zu 1000 Tonnen Papier produzieren.“Die neue Maschine ist umweltverträglicher als herkömmliche Papiermaschinen: Sie verwertet 25 Prozent Altpapier, also 8 Prozent mehr als bislang üblich und verbraucht zugleich insgesamt 30 Prozent weniger Strom. Auch die riskante Entscheidung, das Glätten in den Herstellungsprozess zu integrieren, haben die Augsburger nicht bereut. „Wir haben bereits über 30 000 Tonnen Papier mit der PM 3 produziert und ausgeliefert“, erklärt Wurster. Sein Kollege Hans-Peter Hofmann, Leiter der Magazinpapier-Entwicklung, betont außerdem, dass Papier aus der PM 3, aufgrund speziell entwickelter Streichfarben, bessere Druckeigenschaften hat als herkömmliche LWC-Papiere.
Da der kontinuierliche Produktionsablauf weniger Platz einnimmt als getrennte Prozesse, konnte Haindl die PM 3 innerhalb von Augsburg ansiedeln. „Sie sichert langfristig über 500 Arbeitsplätze und ist zukunftsweisend in ihren technischen Einzelheiten, in der ökologischen und betriebswirtschaftlichen Gesamtkonzeption und der Durchführung des Projektes“, meint Willhelm Demharter, der Sprecher der Augsburger Firma.
Das Zweite Deutsche Fernsehen strahlt zum „Deutschen Zukunftspreis 2000“ – Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation am Freitag, 20. Oktober 2000, um 22.20 Uhr, eine Sondersendung aus. Adam Bostanci