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Absicht tut weh

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Absicht tut weh
Schmerzen werden als besonders schlimm empfunden, wenn sie ein anderer zufügt. Entsteht der Schmerz dagegen durch Zufall, wird er als weniger schmerzhaft erlebt. Zudem gewöhnt sich der Körper nach mehreren Wiederholungen an den zufälligen Schmerz, während beabsichtigter Schmerz immer als gleich stark empfunden wird. Das konnten Wissenschaftler um Kurt Gray und Daniel Wegner von der Harvard Universität in Cambridge in einem Experiment nachweisen.

Die Forscher teilten 48 freiwillige Teilnehmer in zwei Gruppen ein. Jedem Teilnehmer wurde ein Partner zugeteilt, der ihm per Tastendruck entweder einen schmerzhaften elektrischen Schock versetzen oder einen Signalton übermitteln konnte. In der ersten Gruppe bekamen die Probanden tatsächlich einen elektrischen Schock, wenn ihr Partner die Schock-Taste drückte. In der zweiten Gruppe erhielten sie den Schock dagegen dann, wenn ihr Partner die Ton-Taste drückte. Hier wurden ihnen also Schmerzen zugefügt, ohne dass ihr Partner dies beabsichtigte.

Obwohl die Elektroschocks immer gleich stark waren, wurden die Schmerzen in beiden Bedingungen sehr unterschiedlich erlebt: Der absichtlich zugefügte Schmerz wurde als stärker empfunden und auch nach mehreren Wiederholungen als immer gleich schmerzhaft eingeschätzt. Gingen die Probanden dagegen davon aus, dass ihnen unabsichtlich Schmerz zugefügt wurde, empfanden sie die Elektroschocks als weniger schmerzhaft und gewöhnten sich nach einigen Wiederholungen daran. Dies könnten viele vielleicht aus eigener Erfahrung nachvollziehen, sagt Gray: “Man vergleiche die Ohrfeige einer Freundin, die versucht, eine Mücke auf der Wange zu erschlagen, mit der Ohrfeige eines enttäuschten Liebhabers. Die erste vergisst man sofort wieder, bei der zweiten schmerzt die Wange noch die ganze restliche Nacht.”

Dass beide Arten von Schmerz unterschiedlich empfunden werden, könnte sich im Lauf der Evolution als sinnvoll erwiesen haben, erläutert Gray. “Je mehr etwas weh tut, desto mehr beachten wir es und versuchen, etwas dagegen zu tun”, sagt der Psychologe. Bei zufälligem Schmerz sei es relativ wahrscheinlich, dass er sich nicht wiederhole, während ein absichtlich zugefügter Schmerz der erste in einer Reihe von vielen sein könne. “Deshalb es gut, ihm Aufmerksamkeit zu schenken und etwas dagegen zu unternehmen”, so Gray. “Es ist also sinnvoll, wenn absichtlicher Schmerz als stärker empfunden wird, weil er eine Gefahr für das Überlegen darstellen könnte.”

Die Ergebnisse der Studie könnten auch erklären, warum Folter als besonders quälend empfunden wird: Nicht nur die Foltermethoden selbst tun weh, sondern auch das Wissen, dass einem absichtlich Schmerzen zugefügt werden.

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Kurt Gray (Harvard Universität, Cambridge) Psychological Science (Bd. 19, S. 1260, DOI: 10.1111/j.1467-9280.2008.02208.x). ddp/wissenschaft.de ? Christine Amrhein
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