Die Ergebnisse der Wissenschaftler aus Kanada und Brasilien basieren auf einer Untersuchung an 170 Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren. Die Forscher erfassten zunächst durch Interviews deren Gewohnheiten bezüglich lauter Musik und Erfahrungen mit Auffälligkeiten beim Hörvermögen. Anschließend führten sie detaillierte Hörtests mit den jungen Probanden durch.
Grundsätzlich zeichnete sich bei den Interviews ab: Fast alle der Jugendlichen besaßen „riskante Hörgewohnheiten“. Auf Partys, Konzerten und durch ihren persönlichen Musikkonsum waren sie oft kritischen Lautstärken ausgesetzt, sagen die Forscher. Mehr als die Hälfte der Probanden kannte außerdem das Phänomen, dass es ihnen nach einer lauten Musikerfahrung in den „Ohren pfeift“. Dieser vorübergehende Effekt ist bereits ein Warnzeichen, sagen die Forscher. Doch ein Viertel der Probanden berichtete sogar von einem anhaltenden Tinnitus – einem Phantom-Pfeifen, Summen oder Klingeln in den Ohren, das normalerweise erst Menschen im späteren Leben plagt.
Versteckte Hörschäden
Die Hörtests der vom Tinnitus betroffenen Probanden offenbarten dann eine weitere bedenkliche Besonderheit, berichten die Wissenschaftler: Obwohl sie zwar noch genauso gut hören konnten wie die übrigen Studienteilnehmer, waren sie deutlich empfindlicher gegenüber lauten Tönen. Dabei handelt es sich um ein bekanntes Anzeichen von versteckten dauerhaften Schäden an Nerven, die für Geräuschverarbeitung zuständig sind, erklären die Forscher. Der Effekt steht im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Hörproblemen im weiteren Lebensverlauf, erklärt Co-Autor Larry Roberts von der McMaster University in Hamilton. „Die Höhe der Schallbelastung, die vor allem unter Jugendlichen üblich ist, reicht aus, um versteckte Schäden am Hörsystem zu verursachen“, so Roberts.
Ihm zufolge erhöhen geschädigte Nervenzellen ihre Empfindlichkeit, was die Klänge zunächst lauter erscheinen lassen kann. Bei Standardtest zur Hörfähigkeit werden solche Nervenschäden deshalb nicht deutlich. Forschungsergebnisse belegen aber, dass diese versteckten Hörprobleme sich mit den Jahren vertiefen und letztlich die Hörfähigkeit im späteren Leben belasten können. Während einige Formen der Schwerhörigkeit behandelbar sind, sind Reparaturen von Nervenschäden nicht möglich, betont Roberts. „Die Devise heißt deshalb: Schützt eure Ohren!“ so der Neurowissenschaftler.
Präventionsmaßnahmen nötig
„Ich befürchte, da kommt ein Problem auf das Gesundheitswesen zu und zwar in der Form von Hörproblemen“, sagt Roberts. Öffentliche Kampagnen, die über die Folgen von zu lauter Musik aufklären, vergleicht er mit dem Kampf gegen das Rauchen: Vielen Menschen ist einfach nicht bewusst, dass sie sich selbst schaden, und sie würden vielleicht reagieren, wenn sie die richtigen Informationen erreichen.