Trotz dieser völlig verschiedenen Rollen entwickeln sich alle Tiere aus den gleichen Larven. Diesem Phänomen wollten die Wissenschaftler um Michael Scharf von der Purdue-Universität in West-Lafayette (USA) auf den Grund gehen: Sie untersuchten, welche Gene bei welchen Tieren an- und abgeschaltet waren. Dabei fanden die Forscher mehr als 25 Gene, deren Aktivität bei Arbeits- und Soldatentermiten unterschiedlich war. Bei den Soldaten sind beispielsweise die Gene besonders aktiv, die Muskel- und Skelettbildung steuern. Dagegen werden bei den Arbeitstieren bevorzugt Genabschnitte abgelesen, die den Tieren die Zersetzung der im Holz enthaltenen Zellulose ermöglichen.
Obwohl die Entdeckung der Forscher bereits viel zum Verständnis beiträgt, wie sich die verschiedenen Kasten bei Termiten entwickeln, nennt Studienleiter Scharf die bisherigen Ergebnisse die „Spitze des Eisbergs“. Er untersucht nun, ob es ein so genanntes Master-Gen gibt, das die Entwicklung der Tiere steuert. Die unterschiedlichen Ablesemuster der Termitengene zeigen ein weiteres Mal, wie weitreichend die Folgen so genannter epigenetischer Veränderungen sein können, bei denen nicht die Sequenz der Erbsubstanz, sondern nur die Aktivität verschiedener Gene verändert sind.