Mentholzigaretten sind beliebt – und in der EU ab 2020 verboten. Auch die US-amerikanische Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelzulassungsbehörde FDA denkt über ein Verbot der Glimmstängel mit Geschmack nach. Denn Aromazigaretten sind für viele der Einstieg ins Rauchen. Allein Zigaretten mit Menthol machen der FDA zufolge ein Viertel der Zigarettenverkäufe in den USA aus. Gefährlich sind diese Zigaretten jedoch nicht nur wegen ihres verführerischen Aromas. Eine Studie zeigt nun: Die Kombination aus Nikotin und Menthol hat auch einen pharmakologischen Effekt – und der könnte fatal sein: In Anwesenheit von Nikotin wirkt Menthol auf jene Rezeptoren der Atemwege ein, die die durch die Droge verursachten Irritationen bemerken sollen: Es desensibilisiert sie.
„Jeder weiß, dass ein Mentholbonbon unangenehmes Kratzen im Hals lindern kann. Wir wollten wissen, ob etwas Ähnliches passiert, wenn der Reizauslöser Nikotin ist“, erklärt Studienautor Kenneth Kellar vom Georgetown University Medical Center in einer Pressemitteilung. Seine Ergebnisse hat das Team um den Pharmakologen jetzt auf dem Jahrestreffen der Society for Neuroscience präsentiert.
Krank durch Menthol-Effekt?
Die Wissenschaftler bewerten die Schädlichkeit von Mentholzigaretten damit neu. Bisher galt zwar, dass Menthol in Zigaretten zum Rauchen verleitet und somit indirekt gesundheitsschädlich wirkt. Jedoch schien der Konsum einer Mentholzigarette im Vergleich zu einer Zigarette ohne den Zusatzstoff nicht mit einem erhöhten Risiko für Folgeerkrankungen einherzugehen. Diese These könnte nun kippen, folgt man der Argumentation von Kellar und seinen Kollegen. Demnach scheint der betäubende Effekt des Menthols auf die sogenannten α3β4-Rezeptoren die Irritationen so stark abzuschwächen, dass Raucher tiefer inhalieren können – und auf diese Weise nicht nur Nikotin, sondern auch andere giftige Rauchprodukte viel weiter in die Lunge hinein befördern.
Aber: Ob ein solches intensiveres Rauchen tatsächlich eine noch höhere Gesundheitsgefahr bedeutet, haben die Forscher bislang nicht untersucht. Stimmt ihre Vermutung, könnte dies jedoch eine mögliche Erklärung für das Phänomen sein, dass afroamerikanische Raucher häufiger an Lungenkrebs erkranken als andere Raucher. In den USA ist der Gebrauch von Mentholzigaretten unter Afroamerikanern verglichen mit anderen Bevölkerungsgruppen besonders hoch. Die α3β4-Rezeptoren kommen nicht nur in den Atemwegen sondern auch im Gehirn vor. Welchen Effekt Menthol dort hat – und ob diese Rezeptoren überhaupt etwas mit Nikotinabhängigkeit zu tun haben – wissen die Forscher noch nicht.