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Asthma: Ursprung schon im Mutterleib?

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Asthma: Ursprung schon im Mutterleib?
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Die Ernährung der mutter hat EInfluss auf das Asthmarisiko ihres Kindes (thinkstock)
Asthma bei Kindern nimmt in der westlichen Welt immer weiter zu. Als ein Grund dafür gilt übertriebene Hygiene im Kleinkindalter. Doch wie sich jetzt zeigt, könnte es einen noch viel früher wirkenden Faktor geben: die Ernährung der Mutter in der Schwangerschaft. Nimmt sie ballaststoffreiche Kost zu sich, ist ihr Kind später unempfindlicher gegenüber asthmaauslösenden Reizen. Das haben australische Forscher in Versuchen mit Mäusen und bei menschlichen Probanden festgestellt. Offenbar spielt dabei eine Substanz eine Rolle, die von der Darmflora produziert und über das Blut auf den Fötus übertragen wird.

Dass unsere Darmflora für unsere Gesundheit eine entscheidende Rolle spielt, kristallisiert sich in den letzten Jahren immer stärker heraus. Demnach geht der Einfluss dieser Bakteriengemeinschaft weit über die Regulation der Verdauung hinaus. So wirken Stoffwechselprodukte der Mikroben je nach Zusammensetzung fördernd oder hemmend auf unser Immunsystem und damit auch auf entzündliche Erkrankungen und Allergien. Auch bei Asthma gab es bereits erste Hinweise auf einen Zusammenhang mit der Ernährung: „Man weiß, dass eine typisch westliche Diät das Asthmarisiko erhöht, während eine mediterrane Diät mit viel Fisch, Früchten, Nüssen und Gemüsen gegen Asthma im Kindesalter schützt“, berichten Alison Thorburn von der Monash University in Clayton und ihre Kollegen. „Der Konsum von viel Fett und wenig Früchten und Obst ist zudem mit einem schwereren Asthmaverlauf korreliert.“ Als ausschlaggebend gilt dabei der Ballaststoffgehalt der Nahrung: Je mehr Fasern, desto günstiger wirkt sich dies auf das Asthma aus.

Schutz schon im Mutterleib

Thorburn und ihre Kollegen haben nun untersucht, ob die Ernährung vielleicht schon viel früher die Asthmaanfälligkeit beeinflusst – im Mutterleib. Für ihre Studie fütterten sie Mäuseweibchen während ihrer Schwangerschaft entweder mit faserreichem, normalem oder besonders faserarmem Futter. Nach der Geburt der Mäusejungen wurden alle Mütter samt Nachwuchs auf normales Futter umgestellt. Als die Mäusejungen sechs Wochen alt waren, setzen die Forscher sie dem hochallergenen Kot von Hausstaubmilben aus, um Asthma zu provozieren. Wie erwartet, zeigten die Nachkommen der normal oder faserarm gefütterten Mäusemütter daraufhin typische Asthmasymptome. „Erstaunlicherweise entwickelten die Jungmäuse aber keinerlei Anzeichen für Asthma, wenn ihre Mutter die faserreiche Diät erhalten hatte“, berichten die Wissenschaftler.

Wodurch dieser schützende Effekt entsteht, konnten die Forscher in weiteren Versuchen klären. Demnach verändert die faserreiche Ernährung die Darmflora und führt dazu, dass die Bakterien besonders viel von dem Stoffwechselprodukt Acetat produzieren. Experimente zeigten, dass schon dieses Acetat allein – mit dem Trinkwasser verabreicht – Mäuse vor Asthma schützen kann. „Acetat gehört zu den kurzkettigen Fettsäuren, die anti-entzündlich wirken und die Menge der regulatorischen Immunzellen beeinflussen“, erklären Thorburn und ihre Kollegen. Dies wiederum trägt dazu bei, die überschießende Immunreaktion bei Asthma zu hemmen. Das allein erklärt allerdings noch nicht, warum die Mäusenachkommen dauerhaft vor Asthma gefeit zu sein schienen. Aber auch hier fanden die Forscher eine Erklärung: Wie sie nachweisen, verändert das Acetat das Muster der Anlagerungen am Genom des Fötus. Diese epigenetischen Veränderungen führen dazu, dass bestimmte Gene im Lungengewebe der Föten nicht oder nur noch schwach abgelesen werden. Dies wiederum scheint die Anfälligkeit für Asthma günstig zu beeinflussen, so die Forscher.

„Dies fügt der Entstehung und Ursache von Asthma eine ganz neue Dimension hinzu“, konstatieren Thorburn und ihre Kollegen. Denn nicht nur Gene und Umwelt im Kindesalter bestimmen, ob jemand an Asthma erkrankt oder nicht. Auch die Zeit im Mutterleib und konkret die Ernährung der Mutter spielt für das Asthmarisiko eine wichtige Rolle. Dass dieser Zusammenhang auch beim Menschen existiert, belegt eine kleine Zusatzstudie der Forscher mit 62 Frauen und ihren Kindern: Ernährten sich die Frauen in ihrer Schwangerschaft ballaststoffreich, dann war ihr Acetatgehalt im Blut deutlich erhöht. Und ihre Kinder mussten im ersten Lebensjahr signifikant seltener wegen Keuchens und anderer Atembeschwerden zum Arzt. Diese Symptome gelten als typische Vorboten für eine spätere Asthmaerkrankung, wie die Forscher erklären. „Damit haben wir zumindest vorläufige Belege dafür geliefert, dass der Ursprung von Asthma schon im Mutterleib auch für den Menschen gilt“, konstatieren sie. Weitere Untersuchungen müssen diesen möglichen Zusammenhang  nun allerdings noch weiter untermauern.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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