Besonders die Lagerung erfordert neben dem großen logistischen Aufwand viel Fingerspitzengefühl, denn nicht alle Proben können auf die gleiche Art und Weise aufbewahrt werden. „Pflanzenzellen müssen beispielsweise ständig weiterkultiviert werden“, erklärt Dirk Hans, Pressesprecher der 1969 gegründeten Einrichtung. Die Zellen wachsen dabei auf einem Nährmedium und müssen immer wieder auf neue Kulturgefäße übertragen werden, wenn sie einen bestimmten Vermehrungsstatus erreicht haben.
Deutlich weniger aufwändig ist die Lagerung von Bakterien. Hier gibt es zwei Varianten: Gefriertrocknen und Einfrieren. „Die Gefriertrocknung funktioniert im Prinzip genauso wie beim Instant-Kaffee“, erklärt Hans. Die Mikroben werden im Vakuum getrocknet und in eine Tablette gepresst. In einer versiegelten Glasampulle können sie auf diese Weise sehr lange platzsparend gelagert und auch direkt verschickt werden. Der Empfänger muss das Pellet dann nur in einem Nährmedium auflösen und hat sofort eine putzmuntere Bakterienkultur. „Den meisten Bakterien macht diese Prozedur überhaupt nichts aus“, so Dirk Hans.
Bei der anderen Variante werden die Mikroben mit ein wenig Nährmedium in ein dünnes Glasröhrchen gegeben, dessen Enden abgeschmolzen und das Röhrchen samt Inhalt in einem Tank mit flüssigem Stickstoff versenkt. In jedem dieser Tanks lagern mehrere Tausend dieser winzigen Röhrchen. „Bei den dort herrschenden minus 196 Grad Celsius können die Bakterien eigentlich unbegrenzt aufbewahrt werden“, sagt Hans. Denn die Temperatur ist so niedrig, dass alle Stoffwechselprozesse komplett zum Erliegen kommen. Werden die Bakterien dann wieder aufgetaut, sind sie ebenfalls topfit und können problemlos im Labor kultiviert werden.
Diese Art der Lagerung eignet sich auch für die deutlich empfindlicheren menschlichen und tierischen Zellkulturen. „Bei diesen Zellen ist die Kunst das richtige Einfrieren“, erkläutert Hans. Die Zellen dürfen nämlich nicht einfach in den Tank geworfen werden, sondern müssen vor dem Abkühlen mit einer Art Frostschutzmittel behandelt werden. Das Abkühlen selbst muss dann ganz langsam Schritt für Schritt erfolgen. So wird verhindert, dass das Wasser in den Zellen plötzlich gefriert und die Eiskristalle die Zellwände zerstören, denn das wäre ein Todesurteil für die Zelle. Sind die Zellen jedoch erst einmal auf minus 196 Grad abgekühlt, können auch sie praktisch unbegrenzt aufbewahrt werden. Tiefgekühlte Proben werden per Paketdienst in isolierten Spezialbehältern mit Trockeneis geliefert.
Allein im vergangenen Jahr hat die DSMZ etwa 30.000 Proben verschickt. Die günstigste einfache Bakterien vom Typ E. coli ist dabei schon für etwa 40 Euro zu haben. Andere Proben kosten jedoch auch schnell mehrere Hundert Euro, besonders, wenn ein Übersee-Versand erforderlich ist. Denn die Bestellungen kommen aus praktisch allen Ländern der Welt. „Weil wir eine staatlich finanzierte Non-Profit-Organisation sind, sind wir trotz Versandkosten deutlich günstiger als die anderen großen Sammlungen“, erklärt Hans das weltweite Interesse.
Die DSMZ besitzt zwar keine Organismen wie HIV oder Ebola, die zur Sicherheitsstufe drei oder vier gehören, doch auch unter den in Braunschweig gelagerten Proben der Sicherheitsstufen eins und zwei gibt es unangenehme Krankheitserreger. Daher wird ausschließlich an Forschungseinrichtungen und nicht an Privatpersonen verschickt. „Man kann sich bei uns also nicht seine Joghurt-Kulturen für zu Hause bestellen obwohl wir die Bakterien natürlich vorrätig haben“.