Das Erlernen komplexer Bewegungsabläufe hinterlässt Spuren im Gehirn: Wenn ein Tänzer einen anderen beim Tanzen beobachtet, reagiert das so genannte Spiegelsystem seines Gehirns anders, als wenn ein Nicht-Tänzer zusieht. Offenbar kann das Gehirn einen einmal erlernten Bewegungsablauf simulieren, ohne die Bewegung selber auszuführen, schließen britische Forscher aus den Ergebnissen ihrer Magnetresonanztomographie-Studie. Verletzte Sportler oder Tänzer sollten daher ihre Kollegen beim Trainieren beobachten, um ihr Können zu erhalten, schreiben die Wissenschaftler um Patrick Haggard vom Londoner University College in der Fachzeitschrift Cerebral Cortex (Online-Vorabveröffentlichung vom 22. Dezember).
Das Spiegelsystem des Gehirns reagiert sowohl auf selbst ausgeführte Aktivitäten als auch auf beobachtete. Wissenschaftler vermuten, dass es eine Schlüsselrolle beim Lernen durch Nachahmung spielt, weil es dem Menschen ermöglicht, die Aktivitäten anderer nachzuvollziehen. Die Feinabstimmung dieses Systems unterscheidet sich jedoch offenbar von Mensch zu Mensch, konnten Haggard und seine Kollegen nun nachweisen. Die Forscher zeigten professionellen Balletttänzern, einer Gruppe von brasilianischen Capoeira-Kampfsportlern und einer Kontrollgruppe, die keine spezielle Ausbildung hatte, Videoaufnahmen von Ballettaufführungen und Capoeira-Bewegungen. Gleichzeitig zeichneten sie die Hirnaktivitäten der Probanden mithilfe funktioneller Magnetresonanztomographie auf.
Die Aufnahmen der Bewegungsabläufe aktivierten das Spiegelsystem der jeweiligen Experten deutlich stärker als das der Laien, zeigte die Auswertung. „Beim Anschauen erlernter Bewegungsabläufe führt das Gehirn eine interne Simulation dieser Aktivität durch ? genauso, als würde es die Bewegungsanweisung an den eigenen Körper senden“, erklärt Co-Autor Daniel Glaser. Die Forscher hoffen, mit den neuen Erkenntnissen auch Menschen helfen zu können, die beispielsweise nach einem Schlaganfall unter Bewegungsstörungen leiden.
ddp/bdw ? Ilka Lehnen-Beyel