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Bandscheibe in Flammen

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Bandscheibe in Flammen
Die heftigen Schmerzen bei einem Bandscheibenvorfall gehen möglicherweise gar nicht auf zusammengedrückte Nerven im Rückenmark zurück, sondern auf eine heftige Immunreaktion. Darauf deutet eine neue Studie amerikanischer Forscher hin, die gesundes Bandscheibengewebe mit erkranktem verglichen und dabei typische Entzündungsbotenstoffe entdeckt haben. Sollte sich diese Theorie bestätigen, könnten völlig neue, gezielt auf die Immunreaktion zugeschnittene Medikamente gegen die schmerzhafte Erkrankung entwickelt werden, hoffen die Wissenschaftler um Mohammed Shamji von der Duke-Universität in Durham.

Bei einem Bandscheibenvorfall reißt die feste äußere Schicht der scheibenförmigen Verbindungen zwischen den Wirbeln auf und das weiche Innere drückt sich nach außen. Dabei ragt es meist in den Wirbelkanal hinein, in dem die Nervenfasern des Rückenmarks verlaufen. Bislang galt die These, dass der Druck, den das austretende Material auf die Nerven ausübt, auch die heftigen, häufig ins Bein ausstrahlenden Schmerzen bei einem Bandscheibenvorfall verursacht. Allerdings gab es bereits früher Hinweise darauf, dass neben diesem Effekt auch eine Entzündungsreaktion eine Rolle bei der Erkrankung spielen könnte. Der Einsatz entzündungshemmender Wirkstoffe hat sich bisher jedoch nicht bewährt – vermutlich, weil die Substanzen zu unspezifisch sind und daher in sehr geringen Dosen eingesetzt werden müssen, um nicht das gesamte Immunsystem lahmzulegen.

Die Ergebnisse von Shamji und seinem Team könnten hier jedoch Abhilfe schaffen: Den Wissenschaftlern gelang es nicht nur, klare Anzeichen für eine Entzündungsreaktion nachzuweisen und damit die Theorie einer Immunbeteiligung zu bestätigen. Sie identifizierten auch den mutmaßlichen Hauptverantwortlichen für diese Reaktion: Es handelt sich dabei um sogenannte Th17-Zellen, eine Gruppe von T-Zellen, die unter anderem an Autoimmunerkrankungen beteiligt ist.

Diese Abwehrzellen werden vermutlich auf den Plan gerufen, weil das austretende Kernmaterial nicht als körpereigen erkannt wird – schließlich ist es aufgrund seiner geschützten Lage nie zuvor mit dem Immunsystem in Kontakt gekommen. Der Körper reagiert demnach genauso auf das Material, wie er auch auf Bakterien oder andere Fremdkörper reagieren würde: Er löst eine Abwehrreaktion aus, die darauf abzielt, das fremde Material zu zerstören. Die dabei entstehende Entzündung greift dann auf die benachbarten Nervenwurzeln der Rückenmarksnerven über und lässt sie anschwellen, was schließlich die Schmerzen verursacht.

Gelänge es nun, die Arbeit der Th17-Zellen zu blockieren, hätte man eine sehr wirkungsvolle Waffe gegen diese Schmerzen und vermutlich auch gegen den Fortschritt der Erkrankung zur Verfügung, sagen die Forscher. Besonders interessant sei dabei die Tatsache, dass die Th17-Zellen nicht an der Infekt- oder Tumorabwehr beteiligt seien, so dass ein solcher Eingriff das normale Immungeschehen wohl nicht beeinträchtigen würde. Bis ein solcher Wirkstoff jedoch zur Verfügung steht, wird es wohl noch eine ganze Weile dauern – bislang gibt es nicht einmal erste klinische Studien.

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Mohammed Shamji (Duke-Universität, Durham) et al. Arthritis and Rheumatism, Online-Veröffentlichung, doi: 10.1002/art27444 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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