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Beziffert: Gigantische Plastikmengen landen jedes Jahr im Meer

Erde|Umwelt

Beziffert: Gigantische Plastikmengen landen jedes Jahr im Meer
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Bild: Timothy Townsend
Myriaden winziger Kunststoffpartikel wirbeln in den Ozeanen umher und bedrohen die Ökosysteme – dieses Problem prangern Meeresschützer schon lange an. Doch bisher war unklar, wie viel Plastikmüll der Mensch fortlaufend hinzufügt. Dieser Frage sind Forscher nun systematisch nachgegangen. Ihre Ergebnisse sind erschreckend: Den Schätzungen zufolge sind es fünf bis dreizehn Millionen Tonnen jährlich, Tendenz stark steigend.

Schon ein simpler Strandspaziergang mit Blick auf Strandgut macht klar: Das Meer ist voller Plastikmüll. Neben den großen Stücken ist vor allem das nur millimetergroße Mikroplastik ein Problem. In diese Partikel verwandeln sich Kunststoffe durch Abbauprozesse. Meerestiere und Vögel können zugrunde gehen, wenn sie diese bunten Bruchstücke aufnehmen. Die Folgen für die Ökosysteme können Meeresschützern zufolge immens sein. Bisher kamen Forscher zu der Einschätzung: Die gesamte Masse des schwimmenden Plastiks beträgt zwischen 6.350 und 245.000 Tonnen. Es war allerdings unklar, wie viel sich bereits irgendwo abgelagert hat und vor allem, wie viel fortlaufend dazukommt.

„Bis jetzt wurde die Menge an Kunststoffverschmutzung im Meer eingeschätzt, indem Forscher Kunststoffstücke gezählt haben, die ein Schiff mit einem Plankton-Schleppnetz aufgesammelt hat“, erklärt Kara Lavender Law vom Sea Education Association in Woods Hole, USA. „Wir haben nun hingegen einen anderen Ansatz zur Untersuchung der Problematik verfolgt: Wir wollten die Mengen an Kunststoffabfällen einschätzen, die in die Ozeane eingetragen werden“.

Etwa acht Millionen Tonnen Plastikmüll im Jahr 2010

Um dieser Frage nachzugehen, analysierten die Forscher zunächst systematisch die Merkmale der Partikel im Meer und folgerten daraus, woher sie stammten. Daraus entwickelten sie dann Modelle zu deren Quellen. Es stellte sich heraus, dass schlechtes Abfallmanagement in den küstennahen Bereichen der Welt der maßgebliche Verursacher der Belastung ist. Das Problem entsteht durch offene Deponien und das unbekümmerte Wegwerfverhalten der Bevölkerung. Der lose Plastikmüll kann auf diese Weise leicht ins Meer verdriften. Den Modellen der Forscher zufolge bestimmen Bevölkerungszahl und die Qualität der Abfallwirtschaft eines Landes weitgehend die Höhe des Eintrags.

Im nächsten Schritt werteten die Forscher Daten über die Müllentsorgung von 192 Staaten aus, die über Küsten verfügen. Den Ergebnissen zufolge produzierten die entsprechenden Länder im Jahr 2010 unterm Strich insgesamt etwa 275 Millionen Tonnen Plastikmüll. Die Modellrechnungen der Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass davon fünf bis dreizehn Millionen Tonnen in den Meeren gelandet sind. Vermutlich sind es ungefähr acht Millionen Tonnen, sagen die Forscher.

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„Fünf Einkaufstüten voll Plastik pro 30 cm Küste“

Zur Veranschaulichung dieser Massen liefert Co-Autorin Jenna Jambeck von der University of Georgia einen makaberen Vergleich: „Würde man acht Millionen Tonnen gleichmäßig auf die Küsten aller untersuchten 192 Staaten verteilen, käme man auf etwa fünf Einkaufstüten voll Plastik pro 30 Zentimeter“, so die Wissenschaftlerin. Besonders bedenklich ist den Forschern zufolge die steigende Tendenz: „Der Eintrag erhöht sich jedes Jahr, so dass unsere Schätzungen für das Jahr 2015 bereits auf etwa 9,1 Millionen Tonnen kommen. Im Jahr 2025 würde der jährliche Input dann etwa das Doppelte von 2010 erreichen – das entspricht zehn Tüten voller Plastikmüll pro 30 Zentimeter Küste“, ergänzt sie.

Den Forschern zufolge betonen die Ergebnisse auch die mulmige Diskrepanz zwischen dem treibenden Plastik und dem abgelagerten. Wenn man bisher zwischen 6.350 und 245.000 Tonnen schwimmendes Plastik festgestellt hat – aber jährlich etwa fünf bis dreizehn Millionen Tonnen eingetragen werden, stellt sich die Frage: Wo ist der Rest? „Unsere Studie gibt uns ein Gefühl davon, wie viel wir nicht erfassen können,“ sagt Law. Das Zeug lagert den Forschern zufolge offenbar irgendwo am Meeresboden oder hat sich an den Stränden sedimentiert.

Verbesserungen bei der Müllentsorgung sind nun dringend notwendig, sagt Jambeck. Um die ausufernde Belastung einzudämmen, müssten die Nationen der Welt ihre Gesamtabfallmenge deutlich reduzieren und vor allem bessere Müll-Managementstrategien entwickeln. „Wir müssen die Kunststoffabfälle zumindest besser festhalten, damit sie nicht in den Ozeanen landen“, sagt die Forscherin.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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