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Bienen auf Sonnenblumen geeicht

Duft-Training

Bienen auf Sonnenblumen geeicht
Für einen hohen Samenertrag sind Sonnenblumen auf Bestäuber wie Bienen angewiesen. (Bild: Walter Farina)

Man lässt sie einfach an dem gewünschten Suchobjekt riechen: Nach dem Prinzip des Trainings von Suchhunden lassen sich auch Bienen auf bestimmte Kulturpflanzen prägen, berichten Wissenschaftler. Durch mit Sonnenblumenduft versetzte Nahrung im Stock konnten sie den Insekten eine Vorliebe für die Blüten dieser Pflanzen vermitteln. Die Bienen besuchten anschließend verstärkt Sonnenblumenfelder und sorgten dort für eine besonders intensive Bestäubung und damit Samenproduktion. Durch das Konzept könnte man möglicherweise auch den Ertrag anderer Kulturpflanzen erhöhen, die auf eine Bestäubung durch Insekten angewiesen sind, sagen die Forscher.

Hier gibt es Pollen und Nektar! Diese Botschaft vermitteln Pflanzen mit den Farben, Formen und auch Düften ihrer Blüten. Sie wollen Bestäuber anlocken, denn Biene, Schmetterling und Co sorgen bei ihren Besuchen für eine Übertragung der Pollenkörner und damit für die Befruchtung und Samenbildung. Viele Arten sind besonders intensiv auf diese Leistungen der Insekten angewiesen, darunter auch wichtige Kulturpflanzen wie die Öl produzierende Sonnenblume. Wenn sie nicht ausreichend von Bestäuberinsekten besucht werden, bilden diese Pflanzenarten weniger Früchte oder Samen aus und der Ertrag sinkt.

Aus diesem Grund kann der durch den Menschen verursachte Niedergang der Insektenbestände der letzten Jahrzehnte für die Landwirtschaft ein erhebliches Problem darstellen. Neben Bemühungen zur Förderung von wildlebenden Bestäuberinsekten versuchen einige Landwirte deshalb auch die Bestäubung durch das Aufstellen von Bienenkästen im Bereich ihrer Kulturen gezielt zu verbessern. Wie die Forscher um Walter Farina von der Universität von Buenos Aires erklären, könnten ihre Ergebnisse nun dazu beitragen, dass die Nutzinsekten diese Funktion noch besser erfüllen können – indem man sie dazu anregt, bevorzugt die jeweilige Kulturpflanze anzufliegen.

Lassen sich prägende Düfte nutzen?

Die Grundlage der Studie bildete die natürliche Fähigkeit der Bienen, sich lohnende Gerüche einzuprägen: Es ist bekannt, dass die Insekten lernen können, dass ein bestimmter Blütenduft mit großer Pollen- und Nektar-Ausbeute verbunden ist. Letztlich verströmen Sonnenblume und Co deshalb auch ihre jeweils speziellen Düfte als Lockstoffe. Im Rahmen der Studie haben Farina und seine Kollegen zunächst einen Duftstoff hergestellt, der dem Geruch von Sonnenblumenblüten entspricht. Mit dieser Substanz versetzten sie dann Zuckerlösungen, mit denen sie den Bienen in einigen Versuchsvölkern fütterten. In Kontrollvölkern kam hingegen ein Futter zum Einsatz, das mit Jasminblüten-Duft versetzt war.

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Mit den auf diese Weise behandelten Völkern führten die Wissenschaftler anschließend eine Reihe von Versuchen im Freiland durch. Sie stellten die Bienenkästen dazu in etwa 600 Meter Entfernung zu einem Versuchsfeld mit Sonnenblumen auf. Als einen Hinweis darauf, ob sich die Bienen durch die vorhergehende Geruchsprägung besonders von diesen Pflanzen anziehen lassen, nutzten die Forscher Beobachtungen des berühmten Schwänzeltanzes. Mit diesem Verhalten geben Arbeiterinnen nach der Rückkehr von einem erfolgreichen Sammel-Ausflug ihren Kolleginnen im Stock Fluganweisungen zum Ort der lukrativen Nahrungsquelle. Da sich die Ortsinformationen aus den Bewegungen beim Schwänzeltanz recht leicht dekodieren lassen, konnten die Forscher erfassen, wohin die Bienen ihre Kolleginnen schickten.

Bienen mit Vorliebe für Sonnenblumen

Es zeigte sich: Im Gegensatz zu den Kontrollen wurde in den auf Sonnenblumenduft geprägten Völkern viel früher und häufiger die Position des Sonnenblumenfeldes beim Schwänzeltanz vermittelt. Weitere Untersuchungen bestätigten, dass die Bienen dieser Völker besonders intensiv in dem Sonnenblumenfeld unterwegs waren und auch überdurchschnittlich viel Pollen dieser Pflanzen in den Stock zurückbrachten. Die Bienen der Kontroll-Völker besuchten hingegen auch häufiger andere Pflanzenbestände im Bereich der Stöcke, berichten die Wissenschaftler. „Wir konnten somit zeigen, dass sich Honigbienen auf einen Geruch konditionieren lassen, sodass eine Beeinflussung des geruchsgeleiteten Verhaltens entsteht“, resümiert Farina.

Wie die weiteren Untersuchungen zeigten, spiegelte sich der Effekt auch deutlich in der Bestäubungsleistung und damit im Samenertrag der Sonnenblumen wider. „Das vielleicht relevanteste Ergebnis ist, dass sich die Futterpräferenz für die Zielpflanzen so lange und intensiv etabliert hat, dass sie zu einer deutlichen Steigerung der Ernteerträge geführt hat“, sagt Farina. Sonnenblumenfelder, die sich im Bereich von „trainierten“ Bienenvölkern befanden, zeigten im Vergleich zu Kontrollen eine Ertragssteigerung von 29 bis zu 57 Prozent, berichten Farina und seine Kollegen.

Die Sonnenblume repräsentiert wegen ihres intensiven Bestäubungsbedarfs und ihrer landwirtschaftlichen Bedeutung bereits ein interessantes Ziel für das Verfahren, sagen die Wissenschaftler. Doch auch weitere bestäuberabhängige Nutzpflanzen könnten profitieren. Das Ziel der Forscher ist es nun, weitere Geruchsstoffe zu entwickeln, um die Bestäubungseffizienz und Produktivität vieler wichtiger landwirtschaftlicher Nutzpflanzen zu verbessern. Aktuell loten sie nun beispielsweise das Potenzial des Verfahrens bei Mandeln, Birnen und Äpfeln aus.

Quelle: Cell Press, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2020.08.018

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