Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 8,90€/Monat!
Startseite »

Biosprit für den Schiffstank

Erde|Umwelt

Biosprit für den Schiffstank
Schiffsabgase
Schiffsabgase sind ein großes Umweltproblem. (Bild: danaibe12/ iStock)

Ob Kreuzfahrtschiff, Frachter oder Fähre: Bisher ist die Schifffahrt alles andere als umweltfreundlich, denn ihre Kraftstoffe produzieren große Mengen Kohlendioxid, Ruß und andere Luftschadstoffe. Doch deutsche Forscher haben nun einen Bio-Kraftstoff entwickelt, der aus Pflanzenabfällen hergestellt wird und weniger schädliche Emissionen produziert. Seine Energiedichte ist sogar höher als bei normalem Schiffsdiesel.

Die Schifffahrt ist weltweit für den Ausstoß von etwa einer Milliarde Tonnen Kohlendioxid verantwortlich. Außerdem geben die mit Schweröl oder Schiffsdiesel betriebenen Frachter, Kreuzfahrtschiffe oder Fähren große Mengen an Ruß, Feinstaub, Stickoxiden und anderen Luftschadstoffen ab. Diese verschmutzen nicht nur die Umwelt, sie können gerade für Bewohner von Küsten und Hafenstädten auch gesundheitsschädlich sein. Ändern könnte man die schlechte Klimabilanz der Schifffahrt jedoch durch neue, umweltfreundlichere Kraftstoffe.

Vom Weizenstroh über Ethanol zu Diesel und Co

An diesem Punkt setzt die Entwicklung eines Forscherteams vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) an. Andreas Menne und sein Team haben eine Methode entwickelt, mit der aus Pflanzenabfällen und damit nachwachsenden Rohstoffen Biokraftstoffe hergestellt werden können. In ihrer Testanlage produzieren sie bereits 20 Liter dieses Biosprits pro Woche. Im ersten Schritt wird dafür das Pflanzenmaterial zu Bioethanol vergoren. “Ob Stroh, Laub, Sägemehl oder Restholz – als Ausgangsrohstoff für das Bioethanol können wir fast alles verwenden”, erklärt Menne. “Eigentlich kann ich auch jeden anderen Alkohol nehmen.”

Im nächsten Schritt wird der Alkohol in einen Verdampfer geleitet. Dort wird er auf 350 Grad erhitzt und einem Druck von 20 bar ausgesetzt, dann strömt der nun gasförmige Alkohol in das Herzstück der Anlage, den röhrenförmigen Reaktor. Dieser ist mit Aktivkohle gefüllt, die mit einem speziellen Katalysator überzogen ist. Er sorgt dafür, dass das vorbeiströmende Ethanolgas mit der Aktivkohle reagiert und dabei verschieden lange Kohlenwasserstoffketten entstehen – die Grundbausteine von Diesel, Benzin oder Kerosin. “Oft wird ein Katalysator im Labor entwickelt, und es ist dann schwer, ihn in großen Mengen zu produzieren”, sagt Menne. “Aber für diesen können wir die Materialien preiswert kaufen, denn er besteht nicht aus Edelmetallen oder Seltenen Erden.”

Weniger Ruß, weniger Treibhausgase

Doch wie gut sind die auf diese Weise erzeugten Biokraftstoffe? Das haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie (ICT) im badischen Pfinztal untersucht. Auf ihrem Prüfstand haben sie den Biokraftstoff mit gängigen kommerziellen Motoren getestet und dabei Motorleistung und Abgaswerte unter verschiedenen Bedingungen ermittelt. Es zeigte sich: Der Biosprit reduziert die Treibhausgas-Emissionen um bis zu 30 Prozent im Vergleich zu fossilem Sprit. Auch der Ausstoß von Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffen und Ruß ist geringer als bei normalem Diesel. Gleichzeitig besitzt der Biosprit sogar eine etwas höhere Energiedichte, wie die Forscher berichten. Weil seine physikalische Beschaffenheit dem des fossilen Diesels sehr ähnlich ist, kann der Biosprit den klassischen Treibstoff ohne Risiko für den Motor komplett ersetzen.

Anzeige

Bleibt die Frage, ob die Produktion dieses Biosprits auch ökologisch die Nase vorn hat. Dafür hat Venkat Aryan vom Fraunhofer UMSICHT die Ökobilanz des Kraftstoffs ermittelt. In ihr werden alle Treibhausgase berücksichtigt¸ die von der Gewinnung der Rohstoffe über die chemischen Umwandlungsprozesse bis zur Verbrennung des Treibstoffs entstehen. Das Ergebnis: Mit 64 bis knapp 92 Gramm CO2-Äquivalenten pro Megajoule erzeugt der Biodiesel aus Weizenstroh auch in der Gesamtbilanz weniger Treibhausgase als klassischer Diesel aus Erdöl – bei diesem schlagen 94 Gramm CO2-Äquivalente pro Megajoule zu Buche.

Direkt als Schiffsdiesel einsetzbar

Nach Ansicht der Wissenschaftler bietet ihr Biosprit aus pflanzliche Rohstoffen damit eine gute und in der Schifffahrt schon direkt einsetzbare Alternative für erdölbasierte Treibstoffe. “Unser Kraftstoff kann zu Benzin, Diesel oder sogar Kerosin für Flugzeuge werden”, erklärt Menne. Allerdings sei die Produktion von Biokerosin aufwendiger, während Schiffsdiesel keine Veredelung durch eine Raffinerie benötige. Er sei deshalb am einfachsten zu ersetzen. “Man könnte unsere Anlage einfach so in einen Hafen stellen”, erklärt der Forscher. “Unser Verfahren ist so unkompliziert, dass die Reedereien ihren Diesel selbst produzieren könnten. Dann wäre die Zeit der großen Stinker schnell vorbei.”

Die Technologie dafür ist bereits marktreif, wie die Fraunhofer-Forscher berichten. Zwar ist der synthetische Diesel bisher teurer als Diesel aus Erdöl. Menne ist aber zuversichtlich, dass sich das bald ändern könnte.

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft

Anzeige
natur | Aktuelles Heft
Reizvolle Regionen
Aktueller Buchtipp

Anzeige
Serie: Hervorragend – Junge Menschen und ihr Engagement
Wissenschaftslexikon

pho|to|gram|me|trisch  auch:  pho|to|gram|met|risch  〈Adj.〉 = fotogrammetrisch … mehr

Com|bo  〈f. 10; Mus.; Jazz〉 Kapelle mit kleiner Besetzung [engl.; zu combination … mehr

Ze|cke  〈f. 19; Zool.〉 Angehörige einer Familie kleiner, schmarotzender Milben: Ixodei [<mhd. zecke, zeche … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige