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Biowaffe Milzbrand: Der schleichende Tod

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Biowaffe Milzbrand: Der schleichende Tod
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Die mysteriösen Todesfälle durch Milzbrand in Florida schüren die Angst vor Terrorschlägen mit Biowaffen. Das US-Militär sieht im Milzbrand-Bakterium den gefährlichsten aller biologischen Kampfstoffe, da auch Terroristengruppen diesen Erreger einfach bekommen und einsetzen könnten. Bereits im zweiten Weltkrieg hat das britische Militär auf der schottischen Insel Gruinard Versuche mit Milzbranderregern unternommen. Die Besiedlung dieses Gebiets war erst nach 45 Jahren wieder möglich. Bis jetzt wurde der Erreger jedoch noch nie als biologische Waffe eingesetzt.

Milzbrand ist eine Infektionskrankheit, die durch das Bakterium „Bacillus anthracis“ übertragen wird. Die Erreger befallen hauptsächlich Schweine, Pferde und Wiederkäuer wie Rinder und Zieger. Die vergrößerte, „verbrannt“ aussehende Milz der infizierten Tiere hat der Erkrankung ihren Namen gegeben.

In warmen Regionen mit intensiver Viehzucht tritt die Krankheit gelegentlich auch beim Menschen auf. Sie infizieren sich durch ihre Tätigkeit in der Landwirtschaft – das Schlachten und Verwerten von erkrankten Tieren und deren Produkte wie Häute, Leder, Wolle oder Haare. Bei ungünstigen Umweltbedingungen bilden die Bakterien sehr haltbare Dauerformen, so genannte Sporen, die bei Trockenheit und fehlender Kultivierung viele Jahre infektionsfähig bleiben. Im Blut oder Gewebe des Wirtes keimen die Sporen wieder auf, da ausreichend Nährstoffe vorhanden sind. Der Milzbranderreger, der bereits im Jahre 1855 vom Forscher Aloys Pollender entdeckt wurde, gelangt beim Kontakt mit infizierten Tieren durch kleine Hautwunden in den menschlichen Körper. Außerdem kann die Krankheit durch Einatmen der Sporen oder Bakterien in der Nahrung übertragen werden.

Im Körper des Wirtes schleichen sich die Bazillen getarnt durch eine spezielle Eiweißkapsel durch wichtige Abwehrmechanismen und bilden Giftstoffe. Diese Exotoxine werden vor allem bei der Zerstörung des Erregers freigesetzt und beschädigen die Blutgefäße bis in die feinsten Aufzweigungen, die Kapillaren. Da die Gefäße „löchrig“ werden, treten rote Blutkörperchen aus und führen zu Entzündungen und Blutungen. Es bildet sich eine blutdurchtränkte Schwellung, die in der Medizin als hämorrhagisches Ödem bezeichnet wird. Die Inkubationszeit beträgt üblicherweise mehrere Tage; in Einzelfällen bricht die Krankheit bereits wenige Stunden nach der Ansteckung aus.

Die häufigste Art der Milzbranderkrankung ist der Hautmilzbrand. An einer oberflächlichen Hautverletzung entsteht zunächst ein kleiner Knoten, der wie ein Mückenstich aussieht. Die Haut um das Bläschen färbt sich rot und füllt sich mit Eiter. Weitere Bläschen entstehen und verschmelzen zu einem „Milzbrandkarbunkel“, das bei Kontakt zu Blutgefäßen eine Blutvergiftung auslöst. Die Freisetzung der Exotoxine führt zu hohem Fieber, Benommenheit und Kreislaufstörungen sowie einer schmerzhaften Schwellung der Lymphknoten. Ohne Therapie verlaufen etwa 20 Prozent der Hautmilzbranderkrankung tödlich. Der Lungenmilzbrand, der bei dem Journalisten der „Sun“ in Florida zum Tode führte, ist sehr selten. Er entsteht durch Inhalation der Erreger und wird nicht von Mensch zu Mensch übertragen. Da sich die Krankheit zunächst wie eine Erkältung durch Fieber, Husten und Kopfschmerzen äußert, ist eine frühe Diagnose schwierig. In einer zweiten Phase folgt eine schwere Lungenentzündung mit hohem Fieber, Schüttelfrost, Atemnot und blutigem Auswurf. Er enthält viele Milzbranderreger und ist daher hochgradig ansteckend. Auch mit einer frühzeitigen Therapie ist die Krankheit bei einem großen Teil der Patienten innerhalb von drei bis fünf Tagen tödlich. Noch seltener werden die Erreger mit der Nahrung – durch den Verzehr von rohem Fleisch oder ungekochter Milch erkrankter Tiere – aufgenommen. Diese Form der Erkrankung wird Darmmilzbrand genannt und ist in fast allen Fällen tödlich. Die Patienten klagen zunächst über Bauchschmerzen und Blähungen, die sich zu blutigen Durchfällen und einer Bauchfellentzündung weiterentwickeln.

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Die Behandlung der meldepflichtigen Krankheit Milzbrand sollte so früh wie möglich beginnen. Die Patienten erhalten über mehrere Wochen eine hohe Dosis Penicillin. Dieses Antibiotikum zerstört die Milzbrandbakterien.

Wissenschaftler forschen intensiv nach Mitteln, die das Gift des Erregers abfangen können. So haben amerikanische Forscher um John Collier von der Universität Harvard ein Eiweiß-Kunststoff-Mittel entwickelt, dass die Giftstoffe entschärfen kann. In ersten Versuchen haben Ratten mit dem Wirkstoff eine ansonsten tödliche Milzbrand-Infektion überlebt. Jetzt möchten die Forscher klären, ob das Mittel auch Menschen hilft. Zudem haben Wissenschaftler der Harvard Medical School bei Mäusen ein Gen gefunden, dass sie für die Gifte des Erregers weniger empfindlich macht. Das Forschungsteam des Genetikers William Dietrich sucht jetzt nach Variationen dieses Gens beim Menschen.

Der ideale Schutz gegen die Erreger wäre eine Impfung. Der übliche Impfstoff ist in Deutschland wegen zahlreicher Nebenwirkungen aber nicht zugelassen. Außerdem eignet er sich nicht für den vorbeugenden Schutz großer Bevölkerungsgruppen. Dennoch werden etwa Soldaten in den Vereinigten Staaten bereits seit einigen Jahren gegen Milzbrand geimpft.

Heike Heinrichs
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